Hamburg. HSV-Ikone Richard Golz holt den früheren Coach des FC St. Pauli als Nachfolger des freigestellten Berkan Algan zum Regionalligaclub.

Heute will Regionalligist Altona 93 wieder mit dem Training starten. Läuft alles glatt, wird es von einem alten Bekannten geleitet: Andreas Bergmann (60). Der frühere Coach des FC St. Pauli (2004 bis 2006) soll als Nachfolger von Berkan Algan (43) an der Adolf-Jäger-Kampfbahn Platz nehmen. Erst vor einer Woche hatte der AFC Ex-HSV-Keeper Richard Golz (51) – tätig bei der Hager Unternehmensberatung – als neuen sportlichen Leiter präsentiert.

Schon beim Start-up-Unternehmen ID League, das Werte wie Dribbling oder Schnelligkeit von Amateurspielern mittels eines Trackingsystems zu einem Gesamtscore verarbeitet, haben Golz und Bergmann zusammengearbeitet.

Bergmanns Name im fußballerischen Norden ist eng verbunden mit einer glanzvollen Serie und einer Tragödie. So reicht ein einziges Kunstwort, um die Herzen aller Fans des FC St. Pauli höherschlagen zu lassen: „Bokal!“ Unter Bergmann, der nach drei Jahren als Trainer der Amateurmannschaft zum Chefcoach am Millerntor aufstieg, startete der Kiezclub in der Saison 2005/06 seine atemberaubende B-Serie im von den Fans noch währenddessen umgetauften „DFB-Bokal“.

2006 schaffte es Bergmann bis ins Pokalhalbfinale

Nacheinander fegte die in der drittklassigen Regionalliga Nord oft bieder vor sich hin kickende Elf mit teils spielerisch furiosen Feuerwerken Zweitligist Wacker Burghausen (3:2 n.V.), Zweitliga-Tabellenführer VfL Bochum (4:0), Uefa-Pokalteilnehmer Hertha BSC (4:3 n.V.) und – in der berühmten Eisschlacht am Millerntor – Champions-League-Teilnehmer Werder Bremen (3:1) aus dem Stadion. Erst im Halbfinale war Schluss: 0:3 gegen Meister FC Bayern München.

Später machte St. Paulis damaliger Präsident Corny Littmann öffentlich, dass die eingenommenen Pokalgelder dem FC St. Pauli die Lizenz gerettet hatten. Bergmann kürte im Rückblick den irren Kick gegen die Berliner zu seinem Favoriten und sagte in der ihm eigenen, bodenständigen Art: „Das war geil! Weil wir nach zwei Rückständen zweimal schon tot waren!“

Rückkehr ins Traineramt schloss Bergmann nie aus

Nach seiner Entlassung am 20. November 2006 begann am Millerntor der Höhenflug unter Trainer Holger Stanislawski. Bergmann, später noch beim VfL Bochum (Zweite Liga) und bei Hansa Rostock (Dritte Liga) tätig, durchlebte indessen die große Schattenseite des Profifußballs. Drei Monate nach seiner Übernahme des Trainerpostens bei Hannover 96 nahm sich am 10. November 2009 Nationaltorhüter Robert Enke, der an Depressionen litt, das Leben. Bergmann reagierte wie die meisten Fußballfans erschüttert und voller Mitgefühl – nur stand er als Coach mitten im Brennpunkt der Situation. Die anschließende Talfahrt seiner Mannschaft konnte er nicht mehr aufhalten, nur zwei Monate später musste er gehen.

„Im Fußballgeschäft kann man seine Schwächen nicht immer so zeigen. Roberts Tod hilft, die Dinge richtig einzuordnen und nicht so oberflächlich zu sein“, blickte Bergmann acht Jahre später via „Bild“ noch immer traurig auf diese Phase seines Arbeitslebens zurück. Eine Rückkehr ins Traineramt schloss er nie aus. Nun sieht es so aus, als sei Andreas Bergmann wieder da. Doch auf seinen ersten Einsatz auf der Trainerbank im Abstiegskampf bei Altona 93 wird er noch eine ganze Weile warten müssen.