Hamburg. Exklusive Abendblatt-Umfrage: 72 Prozent der Vereine wollen nicht mehr spielen. Dem Hamburger Fußballverband drohen Klagen.

Wie geht es weiter mit dem Spielbetrieb im Hamburger Amateurfußball? In dieser Woche will der Hamburger Fußball-Verband (HFV) seinen Fahrplan zu einer Entscheidung unter Einbeziehung der Vereine öffentlich machen. Das Abendblatt hat sich umgehört. Wir stellten den Vereinen der drei höchsten Hamburger Spielklassen, die aktuell auf Auf- und Abstiegsplätzen stehen, drei Fragen: Soll die Saison abgebrochen oder verlängert werden? Wie soll sie im Falle eines Abbruchs gewertet werden? Behält sich ihr Verein im Falle einer nicht wunschgemäßen Entscheidung eine Schadensersatzklage gegen den HFV vor? 25 von 27 Vereinen erreichten wir für eine Stellungnahme.

Die Ergebnisse offenbaren: Es knirscht zwischen dem HFV und seinen Clubs. So setzt sich der Verband aus Furcht vor Klagen für eine Saisonverlängerung ein. In unserer Umfrage stimmten jedoch 18 Clubs (72 Prozent) für einen Saisonabbruch. Nur fünf Vereine (20 Prozent) plädierten für eine Saisonverlängerung. Zwei Vereine (acht Prozent) enthielten sich.

„Es macht augenblicklich keinen Sinn, etwas zu planen, was gar nicht planbar ist. Es gibt zu viele Fragezeichen“, bringt Speedy Vamvakidis, Manager des Landesligisten HEBC, die Stimmung der Vereine auf den Punkt. Eine Saisonverlängerung schaffe in allen Bereichen „nur fehlende Planungssicherheit“, bemängelt Jens Malcharczik, Präsident des Oberligisten Meiendorfer SV.

Vereine sorgen sich um Gesundheit

Viele Clubvertreter argumentieren ähnlich. Fragen sich, wie Spielerwechsel vertragsrechtlich sauber geregelt werden. Ob sie ihre Spieler irgendwann überhaupt noch zur Verfügung hätten, um die Saison zu Ende zu spielen. Und sie sorgen sich, wie Victorias Präsident Ronald Lotz (Victorias Zweite führt die Tabelle der Bezirksliga Nord an), um die Gesundheit aller Beteiligten. „Unsere Gesundheit und unsere Leben stehen im Vordergrund. Da ist der Fußball nachrangig.“ Die Befürworter einer Saisonverlängerung mahnen indes die sportliche Chancengleichheit an.

Das mehrheitlich von den Vereinen im Falle eines Abbruchs bevorzugte Wertungsmodell wird dem HFV-Spielausschussvorsitzenden Joachim Dipner nicht gefallen. 18 Clubs (72 Prozent) fordern Aufsteiger und keine Absteiger, was eine Aufstockung vieler Staffeln für die nächste Saison zur Folge hätte. „Auf diese Weise wird niemand bestraft und keiner wird um die Chance gebracht, sich zu retten“, sagt Michael Köhler, sportlicher Leiter des Bezirksligisten TSV Wandsetal. Vier Clubs (16 Prozent) sind für eine Wertung mit Auf- und Absteigern, drei Vereine (zwölf Prozent) enthielten sich.

Warum einige Clubs klagen würden

Die Antwort auf die dritte Frage zeigt, dass die Motivlage des HFV nicht unberechtigt ist. Zwar schließen zwölf Clubs (48 Prozent) eine Klage aus und sechs enthielten sich (24 Prozent), sieben Vereine (28 Prozent) behalten sie sich jedoch vor. Zum Beispiel Oberligist FC Teutonia 05. „Wir haben eine Menge in diese Saison investiert. Wir möchten nicht, dass das Geld verbrannt ist“, sagt Vorstandsmitglied Liborio Mazzagatti. Gemeinsam müsse man sich Gedanken um „eine faire Lösung“ machen.

Die Frage ist nun, ob der HFV den Klagewillen einiger Clubs zum Teil selbst verschuldet hat? Viele Vereinsvertreter bemängeln, dass der HFV immer noch kein Meinungsbild seiner Clubs eingeholt hat. Andere Verbände seien da viel weiter.

Gefragt ist nun schnellstens die Führungsstärke des HFV. Sonst droht eine Auseinandersetzung wie in Berlin. Der Berliner Landesverband will die Saison fortsetzen, die Mehrheit der Clubs will sie abbrechen. Einige Berliner Amateurclubs haben bereits angekündigt, bei einer Saisonverlängerung ihre Klagen notfalls bis vor den Internationalen Sportgerichtshof CAS zu bringen.

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