Bargfeld-Stegen. Die 22 Jahre alte Vielseitigkeitsreiterin erreicht in fünf Jahren mit 25 Pferden 450 Platzierungen. Nun macht sie ihr Hobby zum Beruf.

Ein Theater-Dramaturg hätte es kaum besser inzinieren können: Zunächst stand Rebecca Gerken bei den VR Classics Neumünster als Gewinnerin der Zwei-Phasen-Springprüfung über Geländehindernisse der Klasse M* mitten im Scheinwerferlicht. Dabei ist die Vielseitigkeitsreiterin der RFG Bargfeld-Stegen nicht gerade dafür bekannt, gern im Mittelpunkt des Geschehens zu sein.

Die Spotlights blieben jedoch direkt im Anschluss an die Siegerehrung weiterhin auf die 22-Jährige gerichtet. Aus guten Grund: Detlef Peper hielt eine Laudatio auf die dunkelblonde Stormarnerin, ehe er ihr feierlich das Goldene Reitabzeichen für die gesammelten Erfolge im Springsport und in der Vielseitigkeit überreichte.

Trainer Detlef Peper hält die Laudatio

Rebecca Gerken (RFV Bargfeld-Stegen) mit Scipio, zu dem sie ein besonders inniges Verhältnis hat.
Rebecca Gerken (RFV Bargfeld-Stegen) mit Scipio, zu dem sie ein besonders inniges Verhältnis hat. © HA | Henrik Bagdassarian

Gerken, die ihre Pferde selbst ausbildet, wirkt gerührt: „Es war bei den VR Classics mein erster Sieg bei einer Indoor-Vielseitigkeitsaufgabe, den ich im fünften Anlauf nun mit meiner Stute Contendra endlich erreicht habe“, erzählt sie. „Auf das Goldene Reitabzeichen bin ich ungemein stolz, möchte diese Auszeichnung aber meinen Pferden Scipio und Contendra widmen sowie Urmel, die ich in den Anfangsjahren zur Ausbildung hatte. Jedes der drei Pferde hat einen großen Anteil an den bisher erreichten Erfolgen.“

Gerken entschied sich bewusst für Neumünster als Ort der Übergabe des Leistungsabzeichens und für Peper als Laudator. „Seitdem ich zwölf Jahre alt war, ist Detlef als Trainer an meiner Seite“, sagt sie. „Und einen besseren Rahmen für eine derartige Ehrung als die VR Classics kann ich mir in unserer Region kaum vorstellen.“ Für die Ansprache des ehemaligen Landestrainers musste sie einige Fakten zusammentragen. Gerken war überrascht von dem Ergebnis, das die Recherche ergab: In den vergangenen fünf Jahren erreichte sie mit 25 Pferden mehr als 450 Platzierungen.

Gerken betreut Schleswig-Holsteins Vielseitigkeits-Nachwuchs

Den Antrag auf das Goldene Reitabzeichen legt ein Pferdesportler nach der Erfüllung entsprechender Auflagen von sich aus beim Landesverband vor. Imke Willenbrook unterstützte Gerken bei dem Vorhaben von Beginn an. „Rebecca hat die sportlichen Erfolge nicht in die Wiege gelegt bekommen, sondern sich alles mit viel Fleiß erarbeitet“, sagt die Koordinatorin Leistungssport beim Pferdesportverband Schleswig-Holstein. „Dass eine Vielseitigkeitsreiterin diese Auszeichnung erhält, kommt nicht alle Tage vor und freut mich ungemein.“

Ende vergangenen Jahres legte Gerken die Prüfung zur Trainerin-C-Leistungssport ab. Gemeinsam mit Sven Lux – der Elmenhorster ist beim Kreispferdesportverband Stormarn Trainer der Vielseitigkeitsreiter – betreut Gerken nun den Vielseitigkeitsnachwuchs in Schleswig-Holstein.

Vor wenigen Wochen hat die junge Stormarnerin den Traum, Berufsreiterin zu werden, in die Tat umgesetzt. „Als Amateur war der Reitsport für mich ein Hobby“, sagt sie und schmunzelt. „Nun bin ich Bereiterin und meine eigene Managerin in einer Person. Gewisse Dinge sehe ich nun aus der beruflichen Perspektive, organisatorisch läuft auch einiges anders.“ Bei reinen Amateur-Prüfungen darf die 22-Jährige nicht mehr starten. Gerken: „Bei der Beantragung einer Turnierlizenz will die Deutsche Reiterliche Vereinigung jedes Jahr wissen, ob man zu den Berufs- oder zu den Amateurreitern gehört.“

Die 22-Jährige rät zu vielsetiger Ausbildung junger Pferde

Bei allen zukünftigen Herausforderungen – die Vielseitigkeitsreiterei mit ihren drei Disziplinen Dressur, Springen und Gelände bleibt ihre große Leidenschaft. Gerken rät, mit einem Pferd bei Prüfungen in den hohen Klassen nur vier- bis fünfmal im Jahr zu starten. „Für einen Geländeritt über die lange Distanz muss ein Pferd konditionell top drauf sein“, sagt sie. „Eine knapp sechs Kilometer lange Geländestrecke mit höchst anspruchsvollen Hindernissen fordert dem Tier körperlich und mental alles ab.“ Für ein junges Pferd hält Gerken die Ausbildung in der Vielseitigkeitsreiterei als beste Voraussetzung für spätere Erfolge im Reitsport. „Auch ein Pferd, das später im Dressurviereck Erfolge feiern soll, reift physisch und wird später ausgelassener sein, wenn es Erfahrungen im Gelände sammelt“, sagt sie. „Auf unterschiedlichen Untergründen wird ein Pferd zudem rittsicherer, das ist in jungen Jahren gut für die Entwicklung der Bänder und Sehen.“ Später, im Alter von sieben oder acht Jahren, bliebe noch ausreichend Zeit, sich für eine Richtung zu entscheiden.

Die RFG Bargfeld-Stegen ist seit vielen Jahren – mit einer kurzen Unterbrechung – Gerkens Heimatverein. „Sie lacht und sagt: „Das wird auch so bleiben.“ Ihre Pferde hat sie auf der Reitanlage Joachim Stegen in Timmerhorn untergebracht. Die Umgebung bietet hervorragende Möglichkeiten zum Ausreiten und dementsprechend ein gutes Konditionstraining.

Sexta, die zehn Jahre alte Trakehnerstute Gerkens, soll bald in die Fußstapfen von Scipio treten. Mit dem 17 Jahre alten Wallach pflegt sie seit 2014 ein inniges Verhältnis. „Wenn es seine Gesundheit zulässt, werden ich mit Scipio in diesem Jahr noch einige Drei-Sterne-Turniere reiten“, sagt Gerken, die zurzeit 14 Pferde in Beritt hat. Mit einigen davon will sie sich für das Bundeschampionat in Warendorf qualifizieren.