Tragischer Unfall überschattet internationales Vielseitigkeitsturnier in Luhmühlen. Andreas Dibowski bei Vier-Sterne-Prüfung bester Deutscher.

Luhmühlen. Der tödliche Sturz eines jungen Pferdes hat das Vielseitigkeitsturnier in Luhmühlen, eines der bedeutendsten der Welt, überschattet. Dadurch wurden die großen sportlichen Leistungen der Weltelite, die in diesem Jahr zahlreich wie seit Jahren nicht mehr in dem Heidedorf zu Gast war, zum Teil aus der öffentlichen Wahrnehmung verdrängt.

Über dem Turniergelände strahlte noch die Sonne und rund 25.000 Besucher genossen ihren Ausflug und den Spaziergang entlang der 6400 Meter langen Geländestrecke, da ging ein Raunen durch die Zuschauer auf der Haupttribüne. Vor den großen Leinwänden entlang der Strecke hielten die Zuschauer erschrocken inne. Der Franzose Emeric George, mit seinem P`tite Bombe nach der Dressur auf Platz 46 unter den 50 Startern in der Vier-Sterne-Prüfung, ritt das Hindernis 12 an. Sein Pferd verhakte sich in dem als relativ leicht geltenden Hindernis. Der Reiter flog kopfüber in den Sand. Sein Pferd landete unglücklich auf dem Hals. Auf der Leinwand war zu sehen, wie der Reiter wieder auf sprang. Auch sein Pferd versuchte noch einmal auf die Beine zu kommen. Aber es gelang nicht mehr. Sofort waren Helfer und der Tierarzt zur Stelle.

Als Andreas Dibowski an den Start geht, schüttet es wie aus Kübeln

Weil die Veranstalter auf solche Unfälle vorbereitet sind, wurden Pferd und Unfallstelle sofort mit Planen vor den Blicken der Zuschauer abgeschirmt. Nur die Menschen direkt im Stadion erkannten, dass die Verletzung des Tieres dramatisch sein musste. Im Gelände machte sich mehr eine Ahnung breit. Vor allem auch, weil über die Lautsprecher mehrmals durchgesagt wurde, dass die Unterbrechung weitere zehn Minuten dauern werde. Erst am Abend wurden auf einer Pressekonferenz Details bekannt gegeben. Die Tierärzte hatten dem zehnjährigen P`tite Bombe eine Beruhigungsspritze gegeben. Dann wurde das Tier in einem Spezialtransporter in die wenige Kilometer entfernte Tierklinik in Vierhöfen gebracht. Dort musste das Pferd eingeschläfert werden.

Dem Vorwurf, die Pferde könnten beim Geländeritt überfordert werden, trat Julia Otto, die Geschäftsführerin der Turniergesellschaft Luhmühlen (TGL), entgegen. "Emeric George ist am zwölften Hindernis, also in einer sehr frühen Phase des Geländeritts gestürzt", stellte Julia Otto klar, "da kann das Pferd noch nicht übermüdet gewesen sein." Auch Tierarzt Matthias Baumann, 1988 selbst Mannschafts-Olympiasieger, der in Luhmühlen jedes Pferd nach dem Geländeritt untersuchte, glaubt nicht an eine Überforderung. "Alle Tiere hier sind unglaublich fit", sagte er.

Die meisten der festen Hindernisse waren bei dieser Vier-Sterne-Prüfung 1,20 Meter hoch, die mit einer Hecke oben drauf 1,40 Meter. Mark Phillips hatte einen Kurs aufbauen lassen, der zu den technisch schwierigsten zählte, die es in der Eliteklasse der Vielseitigkeit heute gibt. "Ich bin sehr traurig über das Unglück", nahm der Designer des Geländekurses Stellung. "Gerade am zwölften Hindernis hätte ich am wenigsten mit einem Sturz gerechnet. Alle Reiter wussten, es ist ein Vier-Sterne-Kurs und alle hatten Respekt davor." Das unterstrich auch Mannschafts-Olympiasieger Dirk Schrade, dessen 17 Jahre altes Olympiapferd King Artus vor einigen Wochen beim Turnier in Wiesbaden nach dem Geländeritt gestorben war. "Luhmühlen ist in diesem Jahr noch ein Stück schwieriger als Badminton." Für ihn und sein junges Pferd Edino war am vierten Hindernis nach einer Verweigerung Schluss. Auch Ingrid Klimke, die Führende nach der Dressur, gab mit Tabasco am ersten Wasserhindernis auf. Kai Rüder fiel nach einem Fehler auf Platz 22 zurück.

Ganz anders dagegen Andreas Dibowski. Als der Lokalmatador aus Döhle und sein Butts Avedon nach einer längeren Unterbrechung wegen des tödliches Sturzes endlich auf die Strecke gehen durften, schüttete es wie aus Kübeln. Schon Zara Phillips, Enkelin der Queen und Tochter von Mark Phillips, hatte davon einiges mitbekommen. Sie startete bei strahlendem Sonnenschein, doch dann fegte ein Wolkenbruch über die Westergellerser Heide. Zara Phillips sprengte völlig durchnässt durch das Ziel. Andreas Dibowski und Butts Avedon galoppierten mitten in das Wetterchaos und behaupteten sich gegen den Regen und Sturm. Ehefrau Susanna und Pferdepflegerin Wiebke Nicolaysen waren so angespannt und aufgeregt, dass sie nichts sehen und hören wollten. Aber als Reiter und Pferd über die Ziellinie stoben, rannten die Frauen durch den Regen und ihre Freude ließ sie alles andere vergessen.

Vom 16. Platz nach der Dressur hatte sich Dibowski auf Platz neun vorgeschoben und ging am nächsten Tag als bester Deutscher in das abschließende Springen. Diesen Platz konnte Andreas Dibowski trotz zweier Abwürfe verteidigen und hat damit gute Aussichten, auch bei den Europameisterschaften in Malmö zu starten. Die Vier-Sterne-Prüfung gewann der Weltranglistenerste Andrew Nicholson aus Neuseeland.