Die 1,96 Meter große Mittelblockerin ist nicht nur statistisch eine Größe beim VT Aurubis Hamburg. Ihr Minimalziel bleibt Platz sechs.

Hamburg. Wer nach einem Spiel der Bundesliga-Volleyballerinnen des VT Aurubis Hamburg Ciara Michel als überragende Spielerin bezeichnet, hat meistens recht. Mit ihren 196 Zentimetern Körperlänge kann im Team des Tabellensiebten nur ihre gleich große Kollegin Imke Wedekind mithalten. Zuletzt war es allerdings nicht nur die Größe, die die Mittelblockerin auffallen ließ. Beim 3:0-Sieg gegen Köpenick am vergangenen Sonnabend war Michel mit einer Erfolgsquote von 75 Prozent zum wiederholten Mal die effektivste Angreiferin im Kupferdress.

Ob ihre neue Stärke am Trainerwechsel von Jean-Pierre Staelens zu Helmut von Soosten festzumachen ist, den der Club aus Hamburgs Süden Anfang Januar vollzog, oder ob sie sich darin begründet, dass die 27-Jährige nach ihrem Wechsel im Sommer aus Aachen einfach Zeit für die Eingliederung benötigte, ist nicht abschließend zu klären. Michel selbst sieht ihr Erfolgsgeheimnis in einer Mischung aus beidem: "Die ganze Mannschaft hat durch den Trainerwechsel neue Motivation gewonnen", sagt sie, "und ich selbst profitiere davon, dass wir gefordert sind, aggressiver anzugreifen." Das tut sie mit Schnellangriffen sehr effektiv.

Das Volleyballspielen erlernte die gebürtige Engländerin in Miami. Im Alter von zehn Jahren war sie mit ihren Eltern in die USA gezogen. "Das war eine glückliche Fügung, denn in England wird mein Sport längst nicht so professionell gefördert wie in Amerika", sagt sie. Nach einem mehrjährigen Studienaufenthalt in Melbourne, wo sie ihren Master in Kommunikationswissenschaften machte, wäre die Karriere allerdings fast beendet gewesen; in Australien spielte Michel nur auf Hobbysportlerniveau. Den Anstoß, es als Profi in Deutschland zu versuchen, gab ihr die Chance, für ihr Heimatland bei den Olympischen Spielen in London aufzulaufen. "Das wollte ich mir nicht entgehen lassen", sagt sie.

Was immer noch kommen mag: Die beiden Wochen im August 2012 werden für immer der Höhepunkt ihrer Karriere bleiben. "Die Atmosphäre in London war unbeschreiblich. Die Erfahrung, mit Sportlern wie Michael Phelps oder den Williams-Schwestern in der Kantine zu essen, kann mir niemand nehmen", sagt sie. Dass nach einem solchen Erlebnis die Rückkehr in den Alltag schwerfallen kann, ist verständlich.

In Hamburg habe sie sich allerdings von Beginn an wohlgefühlt. Die deutsche Sprache spricht Michel, die im Team nur "Ci" genannt wird, sehr passabel, auch wenn sie in Interviews lieber auf Englisch antwortet, um keine Fehler zu machen. Und sie hat sich mittlerweile auch an das Wetter gewöhnt, was als "Warm-Weather-Girl", als das sie sich bezeichnet, anfangs hart war. Ihren Traum, einmal in der italienischen Topliga zu spielen, hat sie dennoch nicht aus den Augen verloren.

Erst einmal heißt es nun jedoch, mit Aurubis das angestrebte Minimalziel, einen Platz unter den besten sechs der Tabelle, zu erreichen. Ein Sieg über den fünftplatzierten MTV Allianz Stuttgart an diesem Mittwoch (20 Uhr, CU-Arena) wäre ein wichtiger Schritt in diese Richtung. "Wir haben uns vorgenommen, uns in der Rückrunde bei allen Teams zu revanchieren, die uns in der Hinrunde besiegt haben", sagt sie. Dass es in Stuttgart einen 3:1-Erfolg gab, sei an dieser Stelle nur am Rande erwähnt. Ciara Michel hat wichtigere Stärken als das Abrufen von Statistiken.