Der Sprintstar aus Jamaika aktivierte die Netzgemeinde wie kein Zweiter vor ihm. Jetzt fehlt Bolt nur noch Gold mit der 100-Meter-Staffel.

London/New York. Auf die Plätze, fertig, Lauf-Legende! Nach 19,32 Sekunden war Usain Bolt am Ziel aller Träume . Mit seinem historischen zweiten Olympiadouble hat der 25-Jährige sein Versprechen wahr gemacht und ist sogar am Leichtathletik-Giganten "King Carl" Lewis vorbeigestürmt. Der bekannteste Jamaikaner nach Bob Marley gewann nach den 100 Metern auch Gold auf seiner doppelt so langen Lieblingsstrecke - ein Novum in der Olympiageschichte.

Bolts Landsmann und Trainingspartner Yohan Blake musste sich wie schon über 100 Meter mit Silber begnügen, er lief 19,44 Sekunden. Als Dritter komplettierte Warren Weir in 19,84 Sekunden den totalen Triumph für die Sprinter aus Jamaika. Aber Bolt musste auf der Zielgerade beißen, um seinen Vorsprung von zwölf Hundertstel ins Ziel zu retten. Beim Einlauf legte er nach einem Blick nach links auf Blake den Zeigefinger auf die Lippen.

Und der schnellste Mann der Welt vergaß die große Show nicht: Um zu beweisen, dass er noch Kraft hatte, machte er auf der Tartanbahn mehrere Liegestütze. Dann hechtete der erste Athlet, der zum zweiten Mal die 100 m und die 200 m bei Olympischen Spielen gewonnen hat, fast in eine Gruppe jamaikanischer Fans. Und am Ende schnappte er sich eine Kamera von einem Fotografen und knipste alles und jeden, der ihm vor die Linse kam.

Die 80.000 glücklichen Zuschauer, die eine Karte für den Showdown hatten, tobten schon, als der Startschuss fiel. Als Autofreak Bolt sich schnittig in die Kurve legte, dann den sechsten Gang einlegte und wieder einmal als Erster auf die Jubelrunde ging, war die Dezibel-Schmerzgrenze überschritten. Wie im Finale über 100 Meter, als Bolt mit 41 Schritten auf den Olymp gestürmt und an seinem drei Jahre alten Weltrekord nur um fünf Hundertstel vorbeigeschrammt war, verpasste er eine Bestmarke wieder nur knapp. Zu seinem Weltrekord von 19,19 Sekunden fehlten diesmal 13 Hundertstel.

Bolt stellt bei Twitter neuen Rekord auf

Dafür stellte Bolt einen neuen Twitter-Rekord für die Olympischen Spiele auf: Mehr als 80.000 Erwähnungen zu seinem Sieg im 200-Meter-Lauf bedeuteten so viele Tweets wie nie zuvor während eines Olympia-Ereignisses, wie der Internetdienst am Donnerstag (Ortszeit) in San Francisco mitteilte.

In den ersten zehn Tagen der Wettbewerbe wurden pro Minute 1975 Kurzmitteilungen abgesetzt - insgesamt 28,4 Millionen, wie die Social-Media-Analysten der Firma Mass Relevance ermittelt haben. Nach den vom US-Technik-Blog "Mashable“ veröffentlichten Ergebnissen liegt Olympia damit allerdings noch deutlich hinter anderen großen Aufregerthemen der Twitter-Gemeinde wie der Heirat von Prinz William im vergangenen Jahr in London (6369 Tweets pro Minute) oder der US-Fernsehshow "American Idol“ (23 876 Tweets pro Minute).

+++ Der Olympiatag im Splitter +++

Mit seiner 200-Meter-Show dürfte Bolt in der Twitter-Wertung der einzelnen Sportler deutlich aufgeholt haben. In den ersten zehn Tagen wurde er mehr als 338.000 Mal erwähnt. Das größte Interesse aber fand bisher der US-Schwimmer Michael Phelps mit 574.000 Twitter-Nennungen. Mit ganz oben dabei sind der US-Basketballstar LeBron James und der britische Turmspringer Tom Daley. Die Schwimmer sorgten in den ersten zehn Tagen der Spiele auch für die meisten Tweets, gefolgt von Turnen, Basketball, Fußball und Volleyball.

Bolt: Kein Weltrekord, aber glücklich

"Ich will eine Legende werden“, hatte Bolt vor dem Rennen gesagt - und er hielt Wort: "Das wollte ich, ich habe es - darauf bin ich stolz. Es war eine harte Saison für mich bis hierher.“ Mit der Staffel kann Bolt am Samstag (21.00 Uhr OZ/22.00 Uhr MESZ) sein insgesamt sechstes Gold gewinnen. Dass er "nur“ 19,32 über die 200 m lief, störte den Überläufer nicht: "Ich bin keinen Weltrekord gelaufen, aber ich bin glücklich. Ich war schnell, aber ich war nicht schnell genug. Ich habe meinen Rücken gespürt, als ich aus der Kurve kam, deshalb habe ich mich darauf konzentriert, das Rennen zu gewinnen.“

Weltrekordler Bolt (19,19) war am Donnerstagabend auch mit kleinem Handicap unantastbar. Alle Zweifel, die es im Vorfeld der Spiele gegeben hatte, hatte der 25-Jährige bereits mit dem Sieg über die 100 m in fantastischen 9,63 Sekunden beiseite gewischt. Nur er selbst war bei seinem Weltrekord bei der WM 2009 in Berlin (9,58) jemals schneller gelaufen.

+++ Bolt: "Müller-Wohlfahrt ist mehr als mein Arzt" +++

Die überragende Form nahm Bolt auch auf seine erklärte Lieblingsstrecke mit. Im Vorlauf und Halbfinale schien er mit der Konkurrenz zu spielen. Stattdessen unterhielt er das faszinierte Publikum mit seiner Show, die vor dem Finale ihren Höhepunkt erreichte.

Mit Material von dpa und sid