Die Athleten feiern ausgelassen ihre Erfolge, im Dorf, in Clubs, in der Stadt - Abseits des Sports spielt das Leben in London bei Olympia 2012.

London. Für die meisten ist die Schweiß treibende Arbeit getan. Olympioniken aus aller Welt haben in London die Sportschuhe gegen High Heels und den Trainingsanzug gegen legere Freizeitkleidung getauscht – und ab geht die Post auf der Partymeile London: Ob im olympischen Dorf, in den „Häusern“ der einzelnen Nationen oder in den Clubs der Innenstadt – viele Athleten gönnen sich den verdienten Lohn in Form von ein paar unbeschwerten Stunden und Tagen.

„Die Athleten verwandeln das olympische Dorf in eine Party-Zone“, titelte der britische „Guardian“. Das Internationale Olympische Komitee hatte bereits zu Beginn der Wettkämpfe 150 000 Kondome für die 10 000 Athleten verteilen lassen. Vor einigen Tagen waren außerdem Verhüterlis mit Kängurumotiv aufgetaucht.

Zum Treffpunkt feierfreudiger Athleten aus aller Welt wurde der Nachtclub Mahiki, wo jeden Abend Athleten-Partys steigen. „Es ist Olympia, es ist Zeit, jetzt Spaß zu haben und Leute kennenzulernen im zweiten Teil der Woche“, sagte der britische Silber-Ruderer Mark Hunter. Londons Nobel-Nachtclub Chinawhite bietet olympische Drinks an – schön dekadent, mit Blattgold auf dem Champagner, für 2012 Pfund pro Glas. Mark Adams, Sprecher des Internationalen Olympischen Komitees, warnte: „Ganz klar empfehlen wir den Athleten, dass sie beim Trinken nicht übertreiben sollen.“

Viele Medaillengewinner genießen den neu erworbenen Promi-Status. Die deutsche Silber-Lady Lili Schwarzkopf plauderte im vollgestopften Deutschen Haus wie ein Wasserfall, als ihr die Last der irrtümlichen Disqualifikation von den Schultern gefallen war. „Jetzt nehme ich alles mit“, kündigte die deutsche Siebenkämpferin an, die Medaille lässig in der Hosentasche.

Der britische Tour-de-France-Gewinner Bradley Wiggins wurde nach seinem Olympiasieg im Zeitfahren auf der Dachterrasse eines noblen Londoner Hotels abgelichtet – mit einem Glas Wodka Tonic in der Hand. Danach twitterte er gegen halb drei Uhr nachts – er sei „sturzbetrunken“. Der britische Chef de Mission, Andy Hunt, verteidigte den Superstar: „Der Wodka mag vielleicht ein bisschen mehr gewirkt haben, weil Bradley so dehydriert war“, sagte Hunt.

Die Britin Jessica Ennis wollte endlich sündigen, nachdem sie mit ihrem Siebenkampf-Gold eine ganze Nation verzaubert hatte. Jahrelang hat sie diszipliniert auf ihren Olympiasieg hingearbeitet, endlose Tage allen Versuchungen getrotzt. „Jetzt gibt es zwei Gläser Champagner und eine große Tüte Chips“, sagte Ennis. Sie freue sich total, jetzt „einfach herumzuliegen, Junk Food zu essen und ein paar Gläser Wein zu genießen“.

Der schnellste Mann der Welt, Usain Bolt, schloss während Olympia nette Bekanntschaften. Fotos, die er selbst ins Internet stellte, zeigen ihn mit drei schwedischen Handballerinnen auf seinem Zimmer im olympischen Dorf. „Jeder zieht hier mit jedem los“, sagte der südafrikanische Schwimmer Leith Shankland und bringt die Après-Olympia-Atmosphäre auf den Punkt. „Wir waren seit Ende Mai unterwegs, und wir durften zwei Monate lang nicht raus“, sagte der 21-Jährige dem „Guardian“. „Das entspannt jetzt total. Für mich ist das so ziemlich das Beste, was ich in meinem Leben bisher erlebt habe.“

(abendblatt.de/sid)