Der Weltranglistenerste Roger Federer greift nach seinem Wimbledon-Titel auch nach der Goldmedaille bei den Olympischen Spielen.

London. Als Roger Federer Anfang der Woche an die Church Road zurückkehrte, strahlte über den Plätzen des All England Lawn Tennis Clubs von Wimbledon die Sonne. Nach Tagen des Dauerregens herrschte Königswetter in der englischen Hauptstadt, ganz wie es sich für den Olympia-Auftritt der Tennis-Majestät gehört. „Es ist gut, wieder hier zu sein“, sagte der Schweizer. Gut zwei Wochen zuvor hatte er in London zum siebten Mal das bedeutendste Rasen-Turnier der Welt gewonnen, nun will Federer in seinem Wohnzimmer erstmals Gold im Olympia-Einzel holen.

"Olympia in Wimbledon – das ist eine großartige Kombination“, sagte der 30-Jährige. Gut erholt, prächtig gelaunt und völlig entspannt präsentiert sich Federer in den Tagen vor dem nächsten Saisonhöhepunkt. Olympia im Wimbledon – das elektrisiert die Stars, allen voran Federer.

+++ Nachspiel: Chapeau, Roger Federer! +++

Nach seinem siebten Wimbledon-Erfolg, durch den er auch die Führung in der Weltrangliste zurückeroberte, kehrt der Schweizer als Topfavorit auf die wertvollsten Rasenplätze der Welt zurück. „Dass ich hier schon einmal gewonnen habe, gibt mir noch mehr Selbstbewusstsein“, sagte der 17-fache Grand-Slam-Sieger.

Zu beweisen braucht der Eidgenosse keinem mehr etwas – und dennoch brennt er darauf, endlich Olympiasieger im Einzel zu werden. Das Gold im Doppel mit Landsmann Stanislas Wawrinka vor vier Jahren in Peking zählt Federer zwar selbst zu seinen „größten Erfolgen“. Doch ein Triumph im Einzel, mit dem er seinen persönlichen „Golden Slam“ perfekt machen würde, würde seine Karriere endgültig rund machen.

+++ Roger Federer ist der König von Wimbledon – und der Welt +++

Zu Olympia hat Federer eine ganz besondere Beziehung. 2000 in Sydney, bei seiner Ringe-Premiere, lernte er seine spätere Frau Mirka kennen. 2004 schnupperte Federer in Athen die einzigartige Atmosphäre im olympischen Dorf, 2008 siegte er im Doppel mit Wawrinka. „Es ist fantastisch, dass es bereits meine vierten Spiele sind“, sagte Federer. „Ich konnte von den Olympischen Spielen immer sehr viel mitnehmen und ich hoffe, dass das dieses Mal genauso sein wird.“

Die Aussichten dafür stehen gut. Dass die Spiele in Wimbledon auf Rasen stattfinden, spielt keinem so sehr in die Karten wie Federer. 65 Siege in Serie auf seinem Lieblingsbelag (Halle 2003 bis Wimbledon 2008) bedeuten einen seiner vielen Rekorde. Federer ist gewillt, die große Chance am Schopfe zu packen. Wie für ihn typisch, hat er sich akribisch auf das Event vorbereitet. Nach seinem Wimbledon-Triumph gönnte er seinem Körper eine Woche Ruhe, dann stand bereits wieder das Training im Fokus.

Auch während des Turniers soll ihn auf seinem Weg zum Gold nichts ablenken. Die Ehre, zum dritten Mal nach 2004 und 2008 bei der Eröffnungsfeier die Schweizer Nationalfahne ins Stadion zu tragen, lehnte er ab. Statt im Athletendorf wohnt Federer wie bei seinem Sieg Anfang des Monats im gleichen Mietshaus unweit der Anlage. „Die Wege wären sonst doch sehr lang.“

Und wenn es mit dem ersehnten Gold nichts wird? Dann bricht dem Tennis-König auch kein Zacken aus der Krone. Schließlich hat er bereits mehr als einmal Geschichte geschrieben und in vier Jahren finden in Rio de Janeiro ja die nächsten Sommerspiele statt. „Warum sollte ich dann nicht mehr in der Lage sein, eine Medaille zu holen?“, fragte Federer – und niemand widersprach ihm.