London. Nach Robert Harting verpasst auch David Storl Edelmetall in London. Dafür holt Carolin Schäfer Silber im Siebenkampf.

Superstar Usain Bolt hofft nach der bitteren Niederlage in seinem letzten 100-Meter-Lauf auf den goldenen Schlusspunkt seiner einzigartigen Karriere. Für den dritten Platz hinter den US-Sprintern Justin Gatlin und Christian Coleman wurde der 30 Jahre alte Showman aus Jamaika bei der Leichtathletik-WM in London wie ein Sieger gefeiert. Carolin Schäfer eroberte am Sonntag als Siebenkampf-Zweite die erste Medaille für das 71-köpfige deutsche Team.

Die 25 Jahre alte Frankfurterin Schäfer glänzte mit 6696 Punkten und musste sich nur Olympiasiegerin Nafissatou Thiam (6784) geschlagen geben. Bronze gewann die Niederländerin Anouk Vetter mit 6636 Zählern. Schäfer kröne damit eine großartige Saison. „Das ist ein Moment zum Genießen“, sagte sie im ZDF. „Das ist kaum in Worte zu fassen. Das ist einfach genial“, sagte die Olympia-Fünfte nach ihrem größten Erfolg freudenstrahlend. Zuletzt hatte die Leverkusenerin Jennifer Oeser 2011 Silber gewonnen.

Diskus-Altmeister Robert Harting und Kugelstoßer David Storl gingen hingegen leer aus: Der zweifache Weltmeister aus Leipzig erreichte mit 20,80 Metern als Zehnter nicht einmal den Endkampf und erlebte nach seinem siebten Platz bei Olympia die nächste Pleite.

Bolt will auf der Tartanbahn zurückschlagen

Für Usain Bolt ist die WM noch nicht beendet: Der schnellste Mann der Welt will auf der Tartanbahn noch einmal zurückschlagen und am Sonnabend über 4x100 Meter mit dem zwölften WM-Gold abtreten. „Mein Start hat mich gekillt. Normalerweise wird der von Runde zu Runde besser, diesmal habe ich es nicht auf die Reihe bekommen“, sagte Bolt. Der achtmalige Olympiasieger genoss noch einmal sichtlich die ganz große Bühne. „Die Atmosphäre war wunderbar, ich bin einfach enttäuscht, dass ich es nicht besser hinbekommen habe.“

Zwölf Jahre nach seinem Goldlauf bei der WM in Helsinki holte Gatlin seinen zweiten Titel auf der prestigeträchtigsten Sprintstrecke. Der frühere Dopingsünder, gesperrt von 2006 und 2010 und als Kronzeuge einem lebenslangen Bann entkommen, wurde von den Zuschauern - wie meist in den vergangenen Jahren - schon am Start ausgebuht.

„Es ist so surreal in diesem Moment. Ich bin ins Publikum gesprungen und fast durchgedreht“, sagte der 35-Jährige nach seinem Triumph. Noch auf der Bahn war Gatlin in Tränen ausgebrochen und vor dem elffachen Weltmeister Bolt in die Knie gegangen. „Usain hat unseren Sport so vorangebracht und andere wie Coleman inspiriert.“

Gleich nach dem Rennen nahm der geschlagene Bolt seinen langjährigen Rivalen Gatlin in die Arme. „Usain hat mir gratuliert und dann gesagt: Du hast hart dafür gearbeitet, und all diese Buh-Rufe hast du nicht verdient“, erzählte der Amerikaner später.

Bolt war wie schon im Vorlauf und Halbfinale schlecht aus dem Startblock gekommen. Am Ende siegte Gatlin in 9,92 Sekunden vor dem 21-jährigen Coleman (9,94). Eine Hundertstelsekunde dahinter kam Bolt als Dritter ins Ziel - ein ungewohntes Bild für die Sportwelt.

Diskus-Altmeister Robert Harting nur Sechster

Noch deutlicher als Bolt musste sich Diskus-Altmeister Robert Harting bei seiner letzten WM der Konkurrenz beugen. Der Olympiasieger von 2012 wurde an der Stätte seines größten Triumphs Sechster. „Natürlich hätte ich bei meiner fünften WM gerne meine fünfte Medaille gewonnen. Unmöglich war es nicht“, sagte der 32 Jahre alte Berliner, der nach der Heim-EM nächstes Jahr seine Karriere beenden will.

„Leider hatte ich technische Probleme im Wettkampf. Ich musste viel Energie mit meinem Coach aufbringen, das wieder hinzukriegen.“ Harting kam auf 65,10 Meter, Andrius Gudzius aus Litauen eroberte mit 69,21 Metern überraschend Gold.

Für eine gehörige Überraschung hatte im 100-Meter-Vorlauf am Samstagvormittag Gina Lückenkemper gesorgt. Die 20-Jährige aus Dortmund kam nach 10,95 Sekunden ins Ziel und legte die beste Zeit aller Konkurrentinnen vor. Als letzte deutsche Sprinterin war 1991 Katrin Krabbe mit 10,91 unter der 11-Sekunden-Marke geblieben. „Das ist großartig. Ich bin absolut sprachlos nach dem Rennen gewesen“, sagte die EM-Dritte über 200 Meter.

Nach einem schwachen Start war allerdings das Halbfinale Endstation für Lückenkemper: In 11,16 wurde sie nur Sechste ihres Laufs. „Ich hatte ja gestern schon erreicht, was ich mir vorgenommen habe“, sagte sie. „Alles andere wäre Zugabe gewesen.“