Hamburg. Der Mann, der den Sieg festgehalten hatte, war nach der Partie um Bescheidenheit bemüht. Ja, sagte Johannes Bitter, man merke schon während so eines Spiels, dass man ein paar Bälle halte. „Aber wenn ich danach von den Teamkollegen und den Fans gefeiert werde, dann freue ich mich darüber sehr. Man braucht immer wieder Erfolgserlebnisse, und dieses war vor allem wichtig für uns als Mannschaft“, sagte der Torhüter des HSV Hamburg (HSVH).
19 Paraden und damit eine Quote von 45,24 Prozent parierter Bälle standen für den 39-Jährigen am Sonnabendabend nach dem 25:23 (14:13)-Sieg gegen die TSV Hannover-Burgdorf in der offiziellen Statistik der Handball-Bundesliga. Kein Wunder also, dass der Nationalkeeper derjenige war, dessen Name von den 3256 Fans in der Barclays Arena am lautesten gefeiert wurde.
HSVH: Johannes Bitter hält seine Mannschaft zum Sieg
Es hatte allerdings auch dieser Topleistung ihres Torhüters bedurft, um die Auswahl von Cheftrainer Torsten Jansen nach den Niederlagen gegen den THW Kiel und die Füchse Berlin in die Erfolgsspur zurückzuführen. In einer Partie, die mit dem Adjektiv „zerfahren“ noch wohlwollend beschrieben wäre, hatte auch das, was Bitters Gegenüber Urban Lesjak (16 Paraden/41,03 Prozent) tat, stets Hand und Fuß. Aber weil sich die Offensivreihen beider Teams im Ausschlagen noch so verlockender Vorweihnachtsgeschenke in Form freier Würfe überboten, gab Bitters Reaktionsstärke letztlich den Ausschlag in Richtung des siebten Saisonsiegs für den Aufsteiger.
„Natürlich hilft es uns sehr, wenn Jogi in dieser Weltklasseform hält“, sagte Chefcoach Jansen, der sich nach der Partie mit seinem Trainerteam kollektiv in physiotherapeutische Behandlung hätte begeben können, um die vom ständigen Kopfschütteln beanspruchte Nackenmuskulatur lockern zu lassen. Der 44-Jährige wollte aber nicht das gesamte Füllhorn des Lobes über dem Torhüter ausschütten. „Heute war es entscheidend, dass die Mannschaft ruhig geblieben ist, auch wenn manche Dinge nicht so liefen. Sie hat an sich geglaubt. Für die Moral war dieser Sieg unheimlich wichtig“, sagte er.
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„Das Ergebnis hat sich zur Halbzeit schlechter angefühlt, als es war“
Als Sinnbild für diese Kurzanalyse konnte Niklas Weller gelten. Der Kreisläufer, der zunächst Manuel Späth (36) nach dessen Ankündigung, die Karriere zum Saisonende beenden zu wollen, den Vortritt lassen musste, schlug nach zwei vergebenen Großchancen in Halbzeit eins vor Wut mit der flachen Hand auf den Hallenboden. Als er bei abgelaufener Spielzeit auch noch einen Siebenmeter vergab, trottete der als „Mister 100 Prozent“ bekannte 28-Jährige mit einem Gesichtsausdruck in die Kabine, als habe man ihm mitgeteilt, dass sein Wunschzettel unauffindbar sei und es deshalb nur Krawatten und Socken geben könne.
Nach der Pause jedoch spielte Weller so, als sei die Wunschliste wieder aufgetaucht und er nun in der Pflicht, auch seinem Team alle Wünsche zu erfüllen. „Das Ergebnis hat sich für mich zur Halbzeit schlechter angefühlt, als es eigentlich war“, sagte Weller, „ich habe versucht, die erste Hälfte aus dem Kopf zu streichen und Vollgas zu geben. Zum Glück sind wir als Team ruhig geblieben und haben uns diesen Sieg erkämpft.“ In der Tat ist es eine für einen Aufsteiger nicht selbstverständliche Qualität, nach Negativerlebnissen den Kopf weder zu verlieren noch in den Sand zu stecken, sondern bei sich zu bleiben.
Entspannte Herangehensweise gegen SC Magdeburg
Nur dann ist es auch möglich, schwächere Leistungen von Führungsspielern zu kompensieren wie am Sonnabend die von Linksaußen Casper Mortensen. Der 32 Jahre alte Däne war zwar mit fünf Toren (vier Siebenmeter) bester Werfer, übertrieb es aber in der zweiten Hälfte mit seinen Zaubertricks und vergab viel zu viele Chancen, was Jansen damit erklärte, dass Mortensens Eltern in der Halle waren. „Er wollte zu viel und hat überpaced.“
Die schönste Bescherung vor dem Fest möchte der HSVH nun am Tag vor dem Heiligen Abend (19.05 Uhr/Sky) dem SC Magdeburg bereiten. Beim verlustpunktfreien Herbstmeister erwartet niemand einen Sieg, „da haben wir gar keinen Druck, können alles reinschmeißen und sehen, was geht“, sagte Jansen. Dass einiges geht in dieser Saison, das hat sein Team nun mehrfach bewiesen.
Tore HSVH: Mortensen 5/4 Siebenmeter, Weller, Forstbauer, Andersen, Späth je 3, Wullenweber, Bauer je 2, Tissier, Schimmelbauer, Bergemann, Valiullin je 1. Tore Hannover: J. Hansen 7/1, Mävers 6, Brozovic, Feise, Martinovic, Pevnov je 2, Büchner, Cehte je 1. Strafminuten: 6/8. Schiedsrichter: Baumgart (Altenheim)/Wild (Elgersweiher). Zuschauer: 3256.
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