Das Bundesligaspiel gegen TuS N-Lübbecke ist für den HSV Handball richtungweisend. Eine Pleite bedeutet dauerhaften Abstiegskampf

Hamburg. Eigentlich sollte das Duell mit dem TuS N-Lübbecke am Sonnabend (15 Uhr, O2 World) ein gutes Omen für die HSV-Handballer sein. Schließlich feierten Pascal Hens und Co. dort am 7. Spieltag ihren erlösenden ersten Saisonsieg (34:28), zugleich der Auftakt einer Serie von sechs Siegen. Beim ernüchterten HSV kündigt derzeit aber keiner einen neuen Lauf an. Rechtsaußen Stefan Schröder warnt: „Lübbecke ist eine unangenehme Mannschaft. Die haben in dieser Saison Ausreißer nach unten und oben.“

Dies könnte der 33-Jährige auch über seinen eigenen Verein behaupten. Es gab berauschende Höhepunkte des nach der Fastinsolvenz unter Sparzwang neu zusammengestellten Teams: Man denke ans 33:25-Heimspektakel gegen die Füchse Berlin im November, den 36:30-Erfolg bei Hannovers Recken oder die mitreißende 25:26-Niederlage gegen die Rhein-Neckar-Löwen zum Jahresende. Aber da waren eben auch erschreckende Spiele wie das 30:36 in Minden im November, die Heimpleite gegen Lemgo (28:32) Mitte Dezember, auf die die Entlassung von Trainer Christian Gaudin folgte, oder das jüngste 25:32 in Wetzlar. „Wir haben mehr Potenzial, im Moment wirken wir wie eine Wundertüte“, gibt Trainer Jens Häusler zu. „Wir müssen uns festigen. Wir brauchen nach den ganzen Irrungen und Wirrungen Routine in allem.“

Einiges war erklärlich, zum Beispiel die schwächeren Partien nach den Verletzungen von Adrian Pfahl und Henrik Toft Hansen – just der Kreis und der rechte Rückraum sind beim HSV nur einfach besetzt. Aber gegen Wetzlar zählten keine Ausreden mehr, da war der Kader komplett. Häusler will die Pleite in Mittelhessen nicht überbewerten: „Wetzlar ist ein unbequemer Gegner, der uns nicht liegt.“ Der 47-Jährige verweist darauf, dass man die WM-Fahrer Kentin Mahé, Hans Lindberg und Toft Hansen erst spät in der Rückrundenvorbereitung zur Verfügung hatte, und man auch die Rekonvaleszenten um Pfahl, Schröder und Linksaußen Alexandru Simicu erst wieder in alle Abläufe integrieren müsse.

Zugutehalten sollte man dem HSV auch, dass beide EHF-Pokal-Auftritte in den vergangenen zwei Wochen sehr solide waren: das 33:28 zu Hause gegen den slowenischen Topclub Gorenje Velenje und der Erfolg am Mittwoch bei Pfadi Winterthur in der Schweiz (26:22). Und natürlich ist der mit der Gruppenphase begonnene Drei-Tages-Spielrhythmus auch ein Faktor: „Es bleibt nicht viel Zeit, um sich mal in Ruhe zusammenzusetzen, Fehler anzusprechen und auszumerzen“, erklärt Häusler. Unter dem bis zum Saisonende beförderten Co- und U-23-Trainer ist auf jeden Fall schon das Überzahlspiel besser geworden, ein Schwachpunkt unter Vorgänger Gaudin.

Es gibt aber auch schlichtweg Defizite im Kader. Mahé spielte zwar eine tolle WM und wurde mit Frankreich Weltmeister – aber als Linksaußen, er scheint nicht der große Spielmacher der HSV-Zukunft werden zu können. Ein Davor Dominiković als Abwehrchef hat seinen Zenit überschritten, und der Rückraum ist einfach dünn besetzt. Hier verspricht die Rückkehr von Petar Djordjic mehr Durchschlagskraft. Der Heißsporn brennt nach seinem zweiten Kreuzbandriss auf sein Comeback, aber Häusler führt ihn bewusst behutsam an das Team heran. Gegen Lübbecke werde er keinesfalls spielen.

Häusler will von einem drohenden Abstiegskampf des Tabellenelften nichts wissen: „Wir haben uns geschworen, dass wir in der Tabelle nicht nach unten, sondern nach oben gucken.“ Die Zuschauerresonanz fällt nach dem ausverkauften Ausreißer gegen die Rhein-Neckar Löwen wieder verhalten aus: Für das Lübbecke-Spiel waren bis Freitagabend 6500 Tickets verkauft.