Jens Häusler, neuer Cheftrainer der HSV-Handballer, gibt für den Rest dieser Saison ehrgeizige Ziele aus.

Hamburg. Jetzt hat es Jens Häusler sogar schriftlich. Der 47-Jährige wird vorübergehend neuer Cheftrainer des Handball-Sport-Vereins (HSV) Hamburg. GmbH-Geschäftsführer Christian Fitzek, 54, unterzeichnete am Dienstag den Vertrag. Dort ist auch das Dienstende festgeschrieben. Am 1. Juli rückt Häusler in seiner bisherigen Funktion als Co-Trainer wieder ins zweite Glied, wenn wie geplant der polnische Nationaltrainer Michael Biegler, 53, – wohl in Doppelfunktion – nach Hamburg kommt. Der sollte schon am heutigen Mittwochabend (19.30 Uhr, Sporthalle Hamburg, Krochmannstraße 55) im ersten Gruppenspiel des europäischen EHF-Pokals gegen den RK Gorenje Velenje (Slowenien) auf der Bank sitzen, der polnische Verband verweigerte jedoch bislang die Freigabe.

Neben den zusätzlichen Aufgaben bei den Profis wird Häusler weiter die U23 in der Oberliga Hamburg/Schleswig-Holstein betreuen. Dieser Vertrag mit dem eingetragenen Verein, dem e.V., läuft seit dem 1. Juli 2011. Als Tabellenzweiter mit einem Minuspunkt weniger als Spitzenreiter DHK Flensburg hat der Bundesliganachwuchs in dieser Saison erstmals beste Chancen, den seit Langem erhofften Aufstieg in die Dritte Liga zu schaffen. In dieser Klasse wäre das Team für Talente aus ganz Deutschland attraktiv.

Verantwortung beim HSV zu übernehmen ist für Häusler nichts Neues. Nach der Entlassung des Schweden Per Carlén Ende Dezember 2011 stand der ehemalige Bundesligaprofi bereits vom 8. Februar bis zum 16. März 2012 bei den Spielen ganz erfolgreich an der Linie, nach der Trennung vom Franzosen Christian Gaudin am 16. Dezember auch in den letzten drei Bundesligabegegnungen des vergangenen Jahres.

Fachlich und methodisch sei es kein großer Unterschied, ein Nachwuchsteam oder ein Ensemble gestandener Profis zu trainieren, sagt Häusler. Die Herausforderung bestehe in der Führung des Teams. „In unserer U23 konnte ich seit dreieinhalb Jahren den Charakter der Mannschaft prägen. Sie funktioniert selbst dann, wenn ich mal einen schlechten Tag habe“, sagt Häusler. Die Bundesliga wiederum sei ein seit 2005 gewachsenes Gebilde, das trotz Personalaustausches in seiner Grundstruktur weiter besteht. Die Weltmeister Pascal Hens, Johannes Bitter, Torsten Jansen und Stefan Schröder, Allrounder Matthias Flohr und Rechtsaußen Hans Lindberg prägen bis heute den HSV, mit dem sie 2011 Meister und 2013 Champions-League-Sieger wurden.

„Ich musste erst einmal verstehen, wie diese Mannschaft kommuniziert, wie sie anzusprechen und zu überzeugen ist, wie ich mit ihr arbeiten muss, um erfolgreich zu sein. Das war ja damals nicht mein Team, und Veränderungen sind in kurzer Zeit nur mit der Mannschaft und nicht gegen sie durchzusetzen“, sagt Häusler. Die vergangenen drei Jahre seien deshalb eine hervorragende Lehrzeit gewesen, „ich bin inzwischen sicherlich geeigneter und reifer für diese Aufgabe als 2012“.

Dass er als Zwischenlösung für fünf Monate nicht die nötige Akzeptanz der Spieler erfahren könnte, fürchtet er nicht: „Ich habe der Mannschaft gesagt, ich mache diesen Job nicht für mich, sondern vor allem für sie, für uns alle. Und bei zehn am Saisonende auslaufenden Verträgen sollten die Betroffenen schon im eigenen Interesse immer ihr Bestes geben, um sich für weitere Engagements zu empfehlen, sei es beim HSV oder bei einem anderen Club.“

Häusler ist weit davon entfernt, sich als Nachlassverwalter zu verstehen, der die restliche Spielzeit halbwegs anständig abwickeln soll. „Wir haben immer noch große Ziele, und ich bin überzeugt, wenn die Mannschaft gesund bleibt, können wir mit etwas Glück sogar den EHF-Pokal gewinnen und in der Bundesliga von Rang elf vielleicht noch bis auf Platz sechs oder fünf vorstoßen. Der Abstand nach Punkten ist ja nicht groß. Die Qualität dazu hat das Team.“ Allerdings dürfte kein Schlüsselspieler länger ausfallen, „Adrian Pfahl als einziger Linkshänder im Rückraum ist unersetzlich, auch ein Johannes Bitter im Tor oder Henrik Toft Hansen als Kreisläufer und Abwehrrecke. Die zweite Garde, wie zum Beispiel Torhüter Max-Henri Herrmann und Kreisläufer Tim-Oliver Brauer, ist zwar auf einem sehr guten Weg, kann die Lücke aber noch nicht ganz schließen.“ Weil durch den Europapokal bis zum 18. März fast jeden dritten Tag ein Spiel ansteht – am Sonnabend muss der HSV in der Bundesliga in Wetzlar antreten, den Mittwoch danach im EHF-Pokal gegen Pfadi Winterthur (Schweiz) –, will Häusler die Einsätze dennoch auf möglichst viele verteilen: „Wenn ich Spieler schonen kann, werde ich das auch tun.“

Sollte er seine ambitionierten Ziele erreichen, wäre Häusler wohl bald kein Interimscoach mehr. Darüber aber mache er sich momentan keine Gedanken: „Die Arbeit mit den beiden Mannschaften des HSV hat mir stets riesigen Spaß bereitet; gleichzeitig kann ich bei meiner Familie in Kiel wohnen bleiben. Das ist auch ein großes Stück Lebensqualität und sehr wichtig für mich.“ Häusler ist in zweiter Ehe mit einer Lehrerin verheiratet. Das Paar hat drei Kinder.