Unbefristeter Vertrag mit Interimstrainer Jens Häusler aufgelöst. Zuvor hatten die HSV Handballer trotz Niederlage begeistert

Hamburg. Arena-Sprecher Christian „Stübi“ Stübinger sprach am Sonnabend in der O2 World ein schönes Jahresschlusswort: „Ganz egal, was manchmal um den Verein herum passiert: Diese Mannschaft hat Charakter und Herz!“ Die HSV-Handballer waren die Sieger der Herzen nach einem Auftritt mit Riesenleidenschaft gegen den Vizemeister Rhein-Neckar Löwen vor 12.036 Zuschauern in der erstmals in dieser Saison ausverkauften O2 World.

Nach der äußerst unglücklichen 25:26 (12:14)-Niederlage griff auch Kapitän Pascal Hens auf dem Parkett zum Mikro: „Wir haben ein turbulentes Jahr erlebt und sind froh, solche Fans zu haben, in guten und in schlechten Zeiten. Heute haben wir uns nicht belohnt, aber ich bin sehr stolz auf die Mannschaft!“ Und obwohl der HSV in den nackten Zahlen mit der dritten Heimniederlage in Serie und Bundesligaplatz elf (20:24 Punkte) in die WM-Pause geht, verteilte sogar Mehrheitsgesellschafter Matthias Rudolph Streicheleinheiten. „Ich glaube, die Leute waren begeistert. Der Sieg wäre die Krönung gewesen“, sagte Rudolph, der die Partie mitsamt Familie auf einer von Präsident Karl Gladeck ausgedachten VIP-Couch verfolgt hatte. „Wir haben viele Verstärkungen zur Rückrunde“, witzelte der Aufsichtsrat noch. Er meinte die verletzten Stammkräfte – Adrian Pfahl, Alexandru Simicu, Stefan Schröder, Kevin Schmidt und Petar Djordjic –, die alle zum Trainingsstart am 12. Januar zurückerwartet werden. Vorher am 8. Januar steht noch mit den eh schon wieder besänftigten Fans die Aussprache im Haus des Sports an, zu der sogar Mäzen Andreas Rudolph angekündigt ist.

Alles positive Zeichen, aber in der Jubel-Trubel-Heiterkeit warf der HSV mal wieder ein Eigentor. Am Sonntag teilte der Club mit, dass man Erfolgs-Interimscoach und U23-Trainer Jens Häusler zum 30. Juni 2015 dessen unbefristeten Vertrag gekündigt habe. Alles nur pro forma, versicherte der HSV. „Grund der Kündigung ist nicht, und das möchte ich sehr ausdrücklich betonen, die Arbeit von Jens beim HSV Handball oder die Ergebnisse der Vergangenheit. Damit sind wir alle äußerst zufrieden“, sagte Fitzek. „Ein unbefristeter Vertrag als Trainer ist im Profisport absolut unüblich und soll bei Jens angepasst werden.“ Allerdings wird Häusler selbst in der offiziellen Mitteilung mit dem Satz zitiert: „Eine Kündigung zu diesem Zeitpunkt, nach so einem Spiel, ist sehr unglücklich.“ Auch unglücklich ist, dass schon zum Jahresende 2013 Häuslers voriger Kontrakt gekündigt wurde. Danach war es lange unklar, ob er überhaupt einen neuen erhalten würde, bis er im Sommer den unbefristeten von Ex-Manager Holger Liekefett bekam. Diesmal scheint aber der Wille aller zu sein, mit dem 47-Jährigen im Januar bis 2017 zu verlängern.

Häuslers Drei-Spiele-Bilanz ist allemal ordentlich; abgesehen von der erwarteten Pleite in Kiel, zeigte der HSV mit einem Minikader ein starkes Spiel in Hannover (36:30) und nun auch gegen die Mannheimer. Zur zweiten Hälfte vertraute Häusler dem Leichtgewichts-Nachwuchsrückraum der Liga: Richard Hanisch, 24, Kentin Mahé, 23, Alexander Feld, 21. Und der eigentliche Spielmacher-Backup Feld machte – als Rechtshänder auf halbrechts – das Spiel seines Lebens. Nach seinen sieben Toren sagte der „Feld des Tages“: „Das war für mich ein Kindheitstraum, in so einer Arena, gegen so einen Gegner. Bei meinem ersten Tor dachte ich, die Halle bricht auseinander.“ In der bisherigen Saison manchmal noch zu hektisch, hat Feld unter Häusler Sicherheit getankt.

Geradezu abzuheben wie ein tosendes Raumschiff schien die O2 World, als Torsten Jansen, gerade 38 geworden, zum 21:18 in der 46. Minute traf, der höchsten HSV-Führung. Für den Tabellenzweiten aus Baden drehte schließlich der schwedische Rückraum-Linke Kim Ekdahl Du Rietz (insgesamt sechs Treffer) die Partie. Und Niklas Landin: In den Schlussminuten zeigte der dänische Torwart-Superstar eine Doppelparade gegen Hens und Mahé und wehrte dann noch mal gegen Hans Lindberg ab. Löwen-Coach Nikolaj Jacobsen befand fair: „Mindestens einen Punkt hätte der HSV verdient gehabt.“ Nationalmannschaftskapitän Uwe Gensheimer rätselte: „Vielleicht waren wir im letzten Spiel des Jahres gedanklich schon beim Taschenpacken für die WM.“

Beim HSV urlauben die meisten jetzt. Ex-Nationalkeeper Johannes Bitter (zehn Paraden) erzählte auf der anschließenden Fan-Party im Blue Room der O2 World: „Ich habe vorhin mit Uwe gequatscht, ich mache drei Kreuze, dass ich nicht zur WM muss.“ Der HSV hat nur drei mögliche Teilnehmer in Katar (15. Januar bis 1. Februar): Lindberg und Henrik Toft Hansen stehen im vorläufigen Kader der Dänen, Mahé im 24-Mann-Aufgebot der Franzosen.

Völlig unklar scheint noch, wer am 11. Februar zum Gruppenphasen-Auftakt im EHF-Pokal gegen Gorenje Velenje (Slowenien) in der Sporthalle Hamburg als Cheftrainer auf der Hamburger Bank sitzt. Als einer von Fitzeks Top-Kandidaten gilt der polnische Nationalcoach Michael Biegler. Aber der wäre, wenn überhaupt, erst nach der WM zu haben. Übergangscoach Häusler nannte als seinen größten Wunsch für 2015: „Den Aufstieg mit meiner U23.“ In Richtung Cheftrainerposten wolle er selbst „nicht proaktiv“ werden.

Tore: HSV: Feld 7, Mahé 5, Lindberg 3 (1 Siebenmeter), Jansen 3, Hanisch 3, Toft Hansen 2, Hens 2; Rhein-Neckar Löwen: Ekdahl Du Rietz 6, Groetzki 4, Petersson 4, Gensheimer 3/2, Schmid 3, Myrhol 2, Mensah Larsen 2, Guardiola 2; ZS: 5 – 3 ; Rot: Petersson (53., grobe Tätlichkeit); SR: Schulze/Tönnies (Magdeburg/Dodendorf), Z: 13.036.