Die HSV-Handballer gewinnen unter Interimscoach Jens Häusler mit 36:30 in Hannover

Hannover. Die markante Glatze von Andreas Rudolph stach aus der Spielerbox der HSV-Handballer hervor. Der Mäzen war am Sonnabend in Hannover dicht herangerückt an die Mannschaft. In der 59. Minute reckte er stolz die rechte Faust. Und in den Katakomben ließ er sich einen öffentlichen Satz entlocken: „Wenn wir gewinnen, bin ich immer zufrieden“, sagte er schelmisch.

Dieser hochverdiente 36:30 (17:12)-Sieg bei der TSV Hannover-Burgdorf, gegen die man im Oktober noch im DHB-Pokal ausgeschieden war, schien wie ein Zusammenrücken aller. Nach einer „sehr heftigen Woche“, wie HSV-Geschäftsführer Christian Fitzek sagte. Mit einer Flasche Pils in der Hand war er aufgekratzt vor Erleichterung. Als Interimstrainer Jens Häusler für die Journalisten nicht auffindbar war, witzelte Fitzek: „Der ist schon entlassen.“

Von wegen. Häusler hatte das Team mental erstaunlich gut aufgebaut nach zuletzt drei Niederlagen in Serie, der Heimpleite gegen den Tabellenletzten TBV Lemgo am vergangenen Sonntag und der Beurlaubung von Coach Christian Gaudin als Tiefpunkte. „Heute war das kein ‚Scheiße, wir haben ein Gegentor kassiert‘, sondern ein ‚egal, los nach vorn und selber eins reinhauen‘“, sagte Fitzek. „Das war diesmal ein jeder für jeden“, befand Vereinspräsident Karl Gladeck mit ritterlichem Pathos.

Schon nach dem Einlaufen durch die aufgepustete graue Burg in der „Recken-Festung“ juchzten die mitgereisten HSV-Fans mit ihren blauen Weihnachtsmützen erstmals: „Jogi“ Bitter, 32, konnte auflaufen. Trotz seiner Muskelreizung unter dem rechten Knie hütete der Ex-Nationalkeeper 60 Minuten sein Tor und zeigte 16 Paraden (drei von vier Siebenmetern hielt er). „Ich kam nicht so gut runter, aber bis Jahresende muss es gehen“, sagte Bitter, der mit seiner Vertragsverlängerung am Freitag ein Signal für die Zukunft gesetzt hatte. Auch Kapitän Pascal Hens, fast 35, übernahm Verantwortung. Wegen Alexandru Simicus Ausfall (Schleimbeutelentzündung im Knie) spielte der Rückraumlinke durch und krönte mit neun Toren seine wohl beste Leistung der vergangenen zwei Jahre. Zum Staunen war sein Freiwurf mit der Halbzeitsirene über vier Recken hinweg.

Die Swiss Life Hall warb mit Plakaten für ein Udo-Lindenberg-Konzert 2015, an diesem Abend trat Hans Lindberg auf. Der viertbeste Torjäger der Liga schenkte Nationaltorwart Martin Ziemer zehn Tore ein. Seinen Kempa-Trick nach einem Bitter-Zuspiel (32:25) beklatschten seine Eltern Erling und Sigrun und sogar viele Hannoveraner.

Wichtig war auch die Rückkehr des Kreisläufers Henrik Toft Hansen nach seinem Siebbeinbruch – sowohl offensiv als auch defensiv. Als Rückraumrechtem (für den verletzten Adrian Pfahl) vertraute Häusler Alexander Feld, 21. Der Rechtshänder, eigentlich Spielmacher-Backup und zuletzt verunsichert, spielte mutig: „Er war unsere Geheimwaffe, Glückwunsch an Alex“, sagte Spielmacher Kentin Mahé. „Die Jungs haben mir Selbstbewusstsein zugesprochen und gesagt: ‚Alex, wir dürfen auch Fehler machen‘“, sagte Feld.

Häusler meinte: „Ich habe einfach versucht, dass wir nicht so fehlerzentriert arbeiten. Und das war eine absolut geschlossene Mannschaftsleistung.“

Der HSV-Busfahrer hupte bei der Abfahrt aus Hannover zweimal selbstbewusst, allerdings geht’s am Dienstag nach Kiel. Ein Hoffnungsschimmer: Nach zuletzt 20 Pflichtspielsiegen verlor der THW am Sonnabend das 80. Schleswig-Holstein-Derby bei der SG Flensburg-Handewitt mit 22:26. Lindberg kündigte an: „Wir werden in Kiel kämpfen bis zum letzten Blutstropfen.“

Tore: Hannover: Christophersen 8, Lehnhoff 7, Sevaljevic 5/1, Andreu 4, Häfner 3, Kastening 2, Kárason 1; HSV: Lindberg 10, Hens 9, Toft Hansen 5, Mahé 5, Flohr 3, Feld 2, Jansen 1, Herbst 1; Zeitstrafen: 2/5; Rot: Jansen (HSV/3. Zeitstrafe), SR: Baumgart/Wild (Neuried/Offenburg), Z.: 3841.Auslosung DHB-Pokal, Viertelfinale (4. März 2015): Magdeburg – Göppingen, Leipzig – Berlin, Gummersbach – Flensburg, Rhein-Neckar Löwen – Kiel; Final Four 9./10. Mai in Hamburg.