Nach nur fünf Monaten entlässt der HSV Hamburg seinen Trainer. Häusler und Fitzek übernehmen bis zum Jahresende

Hamburg. Es hatte sich am Sonntagabend schon etwas zusammengebraut nach der 28:32-Niederlage der HSV-Handballer gegen den Tabellenletzten TBV Lemgo. Trainer Christian Gaudin, 47, wirkte gespenstisch angezählt, Mäzen Andreas Rudolph hatte sich mal wieder lautstark in der Kabine eingemischt. Am Dienstag folgte das aus Sicht der HSV-Verantwortlichen wohl Unvermeidbare: Gaudin, der stets höfliche und so bemühte Franzose, wurde mit sofortiger Wirkung freigestellt.

„Man hat gemerkt, dass Team und Trainer nicht richtig harmonierten, einander nicht verstanden“, begründete Mehrheitsgesellschafter Matthias Rudolph den Schritt. „Wir können nicht tatenlos zusehen, wie wir absteigen. Wir hatten nach dem Spiel ein Gespräch mit Gaudin. Er hat dabei keine Lösung angeboten. Es musste ein Ruck her, die Zeit der Ausreden ist vorbei.“

Für die restlichen drei Bundesligapartien bis Jahresende – beginnend mit dem Gastspiel in Hannover am Sonnabend – wird Co-Trainer Jens Häusler das Team betreuen, der nach der Trennung vom Schweden Per Carlén zwischen Januar und März 2012 bereits einmal als Chefcoach gescheitert war. Diesmal soll ihn Geschäftsführer Christian Fitzek auf der Bank unterstützen. Der 109-malige Nationalspieler Fitzek war einst zwischen Juli 2003 und März 2005 auch schon HSV-Co-Trainer und sogar Chefcoach von Mai bis Oktober 2005. Aufsichtsrat Matthias Rudolph sagte über das beförderte Gespann: „Die beiden sind seit vielen Jahren dabei, kennen die Mannschaft und werden ein Konzept entwickeln.“

Ursprünglich hätte man sich laut Präsident Karl Gladeck im Januar mit Gaudin zusammensetzen wollen, um über eine Verlängerung des Einjahresvertrags zu sprechen. Aber dann gingen vier der vergangenen fünf Bundesligaspiele verloren, und der Club fiel auf Platz neun (18:20 Punkte). Nach nur fünf Monaten im Amt muss der frühere Weltmeister-Torhüter nun gehen.

Es heißt, der ein oder andere ältere Profi habe sich auf Nachfrage von Andreas Rudolph negativ über Gaudins Training geäußert. Einigen passte offenbar die erhöhte Trainingsintensität nicht. Gaudin ließ auch bereits um 9 Uhr morgens trainieren. Unter Vorgänger Martin Schwalb lebten die Stars dagegen in einer Komfortzone und wurden erst nachmittags zur Einheit gebeten. Zu Schwalb hatten die Spieler ein ganz besonderes Vertrauensverhältnis. Auch Carlén scheiterte damals nicht zuletzt deswegen, weil sich die Gille-Brüder intern über ihn beklagten.

Nach den 294.000 Euro Abfindung für Schwalb muss der HSV nun auch Gaudin noch dessen vollständiges Jahresgehalt (kolportierte 200.000 Euro) ausbezahlen. Dafür hätte man einen Star wie Joan Cañellas halten können.

Gaudin hatte wohl zuletzt das Gefühl, dass man trotz des abgespeckten und verletzungsgeplagten Kaders Meistertitel und Pokalsieg von ihm erwarte. Er zeigte sich vor einer Weile auch über das Klima innerhalb des Clubs irritiert: „Ich dachte vorher immer, der HSV sei ein großer Verein. Aber ich habe gemerkt, dass dies nicht stimmt. Hier hat man keinen Respekt vor Menschen und deren Arbeit.“