Der ehemalige Nationalspieler soll beim HSV Handball in den Aufsichtsrat. Dafür müsste allerdings die Satzung des Vereins geändert werden

Hamburg. Wer mit Matthias Flohr ins Gespräch kommen will, muss nicht lange nach einem Thema suchen. Handball bietet sich beim Profi des HSV Hamburg natürlich an, auch über Kindererziehung, Ernährung oder Schule ließe es sich mit dem Vater eines 19 Monate alten Sohnes und angehenden Sport- und Mathematiklehrers trefflich streiten. Zu Syrien, dem Ukraine-Konflikt oder Putin hat der 32-Jährige ebenfalls eine fundierte Meinung. Schwierig wird es erst, wenn es um die Mitgliederversammlung seines Vereins am kommenden Montag (19 Uhr, Volksbank-Arena) geht – und seine mögliche Kandidatur zum Aufsichtsrat des Handball-Sport-Vereins Hamburg. Dann sagt Flohr „lieber nichts“.

Matthias Rudolph, 56, der Mehrheitsgesellschafter der Spielbetriebsgesellschaft, hatte Flohr für einen Posten im Kontrollgremium vorgeschlagen. Nach den Rücktritten des Vorsitzenden Wolfgang Fauter, seines Stellvertreters Maximilian Huber und des ehemaligen Vorsitzenden Uwe Wolf im Juli sind drei Posten neu zu besetzen. Apotheker Rudolph, selbst Aufsichtsrat, hält Flohr, dessen neuer Zweijahresvertrag als Spieler bis 30. Juni 2016 läuft, für kompetent, engagiert, er sei zudem jemand, „dem der Verein am Herzen liegt“.

Seit zehn Jahren streift der ehemalige Nationalspieler (15 Spiele, 23 Tore) das HSV-Trikot über. In 490 Pflichtspielen (687 Tore) hat er es nie an Einsatz vermissen lassen, auf welcher Position auch immer ihn die Trainer aufs Feld schickten. Flohr kann alles, Abwehr, Angriff, Außen, Kreis, selbst als Spielmacher durfte er sich jüngst wieder versuchen. Die Fans mögen ihn, weil er immer alles gibt und sich stets ihren Fragen stellt. So einer kann auch Aufsichtsrat, glauben viele im Verein.

Flohr, das ist ihm anzusehen, schmeichelt dieser Gedanke. Doch er ist Profi, und er verhält sich auch als solcher: „Meine Konzentration gilt allein unserem Spiel am Sonnabend beim TuS N-Lübbecke. Alles andere ist in unserer schwierigen sportlichen Situation im Augenblick nebensächlich. Es würde niemand verstehen, wenn ich mich jetzt zur Vereinspolitik äußere. Darüber kann ich mir vielleicht am Sonntagabend ein paar Gedanken machen.“ Nach sechs sieglosen Spielen steht der HSV mit 2:10 Punkten auf dem vorletzten Tabellenplatz der Bundesliga.

Grundsätzlich, sagt Flohr, seien alle im Team bereit, den Verein auf allen Feldern zu vertreten, den Club in der Stadt zu präsentieren, für ihn zu werben, wo auch immer. „Und das tun wir bereits seit vielen Jahren in zahlreichen Partnerschaften mit Firmen und Fans.“ Aufsichtsrat sei daher nur eine spezielle Form dieses Einsatzes für den HSV.

Sollte sich Flohr entschließen, zu kandidieren, und er versichert, dass er diese Frage für sich noch nicht entschieden habe, müssten zuvor rechtliche Hürden ausgeräumt werden. Paragraf zehn, Absatz zwei der Vereinssatzung verbiete einem Angestellten des Clubs oder der Spielbetriebsgesellschaft eine Funktion im Aufsichtsrat zu übernehmen, sagt Rechtsanwalt Claus Runge, der die Versammlung am Montag leiten soll. Mit einer Dreiviertelmehrheit könne dieser Paragraf modifiziert oder gestrichen werden. Nach Eintrag der Veränderungen ins Vereinsregister wäre für den Handballprofi Flohr der Weg ins Kontrollgremium, nach der Mitgliederversammlung das höchste Vereinsorgan, frei. Im deutschen Sport wäre diese Konstellation ein Novum.

Der neue HSV-Geschäftsführer Christian Fitzek, 53, würde sie begrüßen: „Wir brauchen im Aufsichtsrat Investoren, aber auch Handballsachverstand. Flohr würde ihn verkörpern.“ Bislang scheinen sich nur sechs Vertreter der Fans der Wahl stellen zu wollen. Hauptsponsor AOK Rheinland/Hamburg lehnte zuletzt einen Sitz in diesem Gremium ab, weil der laufende Vertrag mit dem Verein am 30. Juni 2015 ende und man über eine Fortsetzung noch nicht entschieden habe.

Auf die Frage, was der Verein ändern müsse, um sportlich wieder Erfolg zu haben, hat Flohr eine klare Meinung: „Nichts! Dass wir bislang kein Spiel gewonnen haben, lag in fünf der sechs Begegnungen an Nuancen, an zwei, drei Bällen, die in die falsche Richtung flogen. Deswegen gibt es keinen Grund, beim HSV irgendetwas grundsätzlich infrage zu stellen. Was wir brauchen, ist, so banal es auch klingen mag, ein Sieg.“

Matthias Flohr wird dafür am Sonnabend in Lübbecke wieder alles geben. Zwei Punkte wären schließlich beste Werbung für seine Kandidatur.