Durch den Lizenzentzug des HSV Handball steht Hamburgs Mannschaft des Jahres vor dem Ausverkauf. Aber nicht nur der Verein, auch viele Profis sehen einer ungewissen Zukunft entgegen.

Hamburg. Für den großen Auftritt sind die Handballer der HSG Delmenhorst an die Schmerzgrenze gegangen: 12.000 Euro hat der Verbandsligaclub aufgetrieben, um den HSV am 10. Juni bei sich zu einem Freundschaftsspiel antreten zu lassen. Für das Geld versprachen die Hamburger, mit Stars zu kommen, die im Vorjahr die Champions League gewonnen hatten.

Es könnte in der Tat ein historischer Tag werden: der erste öffentliche Auftritt des HSV nach dem Lizenzentzug – sofern dieses und das folgende Spiel am 13. in Perleberg überhaupt stattfinden. Denn die Hamburger Profis werden kaum eine Verletzung riskieren wollen für einen Verein, in dem es für sie keine bezahlte Zukunft gibt.

Sie haben ja schon sehr viel Geduld beweisen müssen für ihren HSV. Seit der damalige Präsident Andreas Rudolph im Februar erklärte, dass auslaufende Verträge nicht verlängert würden, spielten viele Profis gegen die Ungewissheit an. Im April dann blieben wochenlang die Gehälter aus, trotzdem war kein Klagen zu hören. Nach Rudolphs Rücktritt Anfang Mai versuchten ihn die Führungsspieler mit Engelszungen umzustimmen. Später erklärte sich die Mannschaft bereit, auf ein Monatsgehalt zu verzichten, um dem Verein aus der prekären Finanzlage zu helfen. Als dem HSV schließlich Mitte Mai die Bundesligalizenz verweigert wurde, ließen sich die Profis von der Vereinsführung versichern, dass der zweite Antrag zum Erfolg führen werde.

Nach der Bestätigung des Lizenzentzugs scheint der HSV auch bei seinen Hauptdarstellern den Kredit verspielt zu haben. „Es geht hier ja nicht nur um die Existenz eines Vereins, sondern auch um die der Spieler und ihrer Familien“, klagt Torsten Jansen, 37.

Jetzt dürfte Hamburgs Mannschaft des Jahres 2013 zerfallen. Der Abgang von Welthandballer Domagoj Duvnjak (nach Kiel) mag nicht zu vermeiden gewesen sein, der Wechsel von Torwart Marcus Cleverly nach Kopenhagen noch zu verkraften. Die Verkäufe von Spielmacher Joan Cañellas (an Kiel) und Andreas Nilsson (wohl an MKB Veszprem/Ungarn) waren sogar fest eingeplant, um den Verein zu sanieren.

Nun werden auch die nicht mehr zu halten sein, die beim Neuaufbau als Stützpfeiler vorgesehen waren. Torwart Johannes Bitter, der mit der Nationalmannschaft am Dienstag in Wetzlar im Testspiel Norwegen mit 30:32 unterlag, wird vom THW Kiel umworben. Auch an Topschütze Hans Lindberg soll der Rekordmeister Interesse haben. Henrik Toft Hansen, Davor Dominikovic und Zarko Markovic werden bei Vardar Skopje (Mazedonien) gehandelt. Auch die Nationalspieler Kentin Mahé und Adrian Pfahl werden wohl nicht lange auf Angebote warten müssen.

Dass Jansen, Matthias Flohr, Stefan Schröder und Pascal Hens ihre Karriere woanders fortsetzen, ist aufgrund ihrer Verwurzelung in Hamburg kaum vorstellbar. Die Zukunft von Trainer Martin Schwalb, 51, könnte die Nationalmannschaft sein, wenn die im Play-off um die WM-Teilnahme gegen Polen (7. und 14. Juni) scheitert.