Kiel/Hamburg. Der finanziell angeschlagene Handball Sport Verein (HSV) Hamburg kämpft weiter ums Überleben. Schatzmeister Jens Lingthaler und Buchhalter Sven Fahrenkrug trafen sich am Montag in Kiel mit der Lizenzierungskommission der Handball-Bundesliga zu Gesprächen über die Zukunft des Clubs. Die meisten Fragen konnten sie nur unter Vorbehalt beantworten, weil mit dem überraschenden Rücktritt von Präsident Andreas Rudolph dem Verein die finanzielle Basis für weitere Planungen entzogen wurde.

Der HSV rechnet jetzt damit, bei der Lizenzvergabe am Donnerstag leer auszugehen. Der für die Saison 2014/15 eingereichte Etat von 8,1 Millionen Euro ist im Moment nicht annähernd durch zu erwartende Einnahmen oder Bürgschaften gedeckt. Dem Verein bliebe nach der Lizenzverweigerung bis Mitte Juni Zeit, ein tragfähiges Konzept für den Spielbetrieb nachzureichen.

HSV-Geschäftsführer Holger Liekefett war angesichts der momentan aussichtslosen Lage an der Lizenzfront in Hamburg geblieben, um hier weiter nach Lösungen aus der Krise zu suchen. „Es gibt jetzt zwei Möglichkeiten, eine mit und eine ohne Andreas Rudolph“, sagte er am Montagabend beim Sporttalk „Anstoß Hamburg!“ im Hotel Radisson Blu am Dammtor. Er bevorzuge die erste Lösung. „Die zweite wäre schwieriger und zeitintensiver, weil wir bislang kein Konzept ohne ihn in der Schublade haben.“ Dennoch sollte der Club in der Lage sein, auch ohne Rudolph „begeisternden Handball zu spielen“. Rudolph glaubt dagegen, aus seinem geschäftlichen Umfeld neue Investoren für den HSV gewinnen zu können.

Liekefett, der von Anbeginn seines aufreibenden Engagements seit Anfang März ohne Bezahlung für den Verein arbeitet, führt Verhandlungen mit Gläubigern über Stundungen, mit den 17 Profis spricht er über Gehaltskürzungen. Die Spieler warten seit dem 5. Mai auf ihre April-Gehälter. Eine Bürgschaft der Stadt ist für einen Proficlub ausgeschlossen. Beim Champions-League-Sieger von 2013 klafft bis zum Saisonende eine Deckungslücke im Etat von 3,55 Millionen Euro, darunter sind Darlehen Rudolphs über 850.000 Euro.

Kapitän Pascal Hens, Johannes Bitter, Stefan Schröder und Matthias Flohr waren am Sonntag nach Mallorca geflogen, um Rudolph von seinem weiteren Engagement zu überzeugen. Sie kehrten am Montagabend offenbar ohne klare Ergebnisse zurück. „Ich habe nur eine kryptische Nachricht erhalten, am Dienstag werden wir reden“, sagte Liekefett. Gelingt es nicht, die Löcher zu stopfen, droht dem Champions-League-Sieger die Insolvenz – und der Zwangsabstieg in die Dritte Liga. „Wenn wir von den 3,55 Millionen deutlich runterkommen, und das ist meiner Einschätzung nach möglich, reden wir noch von 1,2 oder 1,4 Millionen, die wir kurzfristig zum Überleben benötigen“, sagte Liekefett. Diese Summe in den nächsten vier Wochen aufzubringen, halte er nicht für chancenlos.