Das Final Four um den deutschen Handballpokal in Hamburg wurde oft kopiert. Die Nachahmer setzen dem Original zu

Hamburg. Wer den deutschen Handballpokal gewinnt, diese Frage wird die Herren, die sich am 12 und 13. April in einer Loge der Hamburger O2 World einfinden, nur am Rande interessieren. Der exklusive Raum in der Arena am Volkspark ist für eine hochrangige Delegation aus dem Katar reserviert. Sie will das Final-Four-Turnier vor allem dazu nutzen, um für die Weltmeisterschaft zu werben, die im kommenden Januar in ihrem Emirat stattfindet. Ein Angebot für Werbeflächen im Wert eines sechsstelligen Betrages liegt den Scheichs vor. Ob sie es annehmen, ist noch nicht entschieden.

Das Geld könnte die Bundesliga (HBL) als Veranstalter gut gebrauchen. Erstmals seit zehn Jahren steht die Pokalendrunde ohne Titelsponsor da, nachdem die Lufthansa den Vertrag nicht verlängert hat. HBL-Geschäftsführer Frank Bohmann wusste zwar am Freitag von „intensiven Verhandlungen“ mit Interessenten zu berichten. Doch die Zeiten, da sich das größte nationale Handballevent der Welt seine Förderer aussuchen konnte, sind vorbei. Der Erfolg des Final Four scheint ihm selbst zum Verhängnis zu werden.

Vor 21 Jahren eingeführt, hat das Format im Ausland viele Nachahmer gefunden. Seit 2010 wird in Köln auch der Champions-League-Sieger in einer Viererendrunde ausgespielt, neuerdings auch der Gewinner des EHF-Pokals, in diesem Jahr in Berlin. Damit drängeln sich in diesem Frühjahr binnen sieben Wochen gleich drei große Handballturniere in Deutschland auf dem Terminkalender. Und das Original droht dabei von seinen Kopien aus dem Markt gedrängt zu werden. „Alle Turniere kämpfen ja um die gleichen Zuschauer, die gleichen Kunden“, sagt Bohmann, „das macht uns die Vermarktung sehr viel schwerer.“ Er fordert vom Europaverband EHF, den Spielplan zu entzerren und auch andere Austragungsländer für die Europapokale in Betracht zu ziehen.

Der Appell dürfte in der Wiener EHF-Zentrale kaum Gehör finden. Zwar ist der Markt auch in Deutschland rückläufig, höhere Einnahmen aber lassen sich mit Handballveranstaltungen nirgends erzielen. „Auf der einen Seite schimpft die EHF über die Bundesligisten, weil sie sich gegen eine Ausweitung des Champions-League-Spielplans stemmen“, sagt Thorsten Storm, Geschäftsführer der Rhein-Neckar Löwen, „auf der anderen Seite nutzt sie die Möglichkeiten, die Deutschland bietet.“ Doch auch die hiesigen Fans würden inzwischen sorgsam abwägen, welche Veranstaltung sie besuchen.

Die Löwen etwa sind sowohl im DHB-Pokal als auch in der Champions League noch im Rennen. Trotzdem hat Storm keine Sorgen, sein Kontingent von 1000 Tickets für Hamburg in Mannheim loszuwerden: „Dieses Event hat Tradition – und unsere Fans sind sehr traditionsbewusst.“

Dass die Veranstaltung ausverkauft ist, scheint aber auch keine Selbstverständlichkeit mehr zu sein. Aus dem freien Verkauf sind am Freitag 500 Karten wieder zurückgekommen. Erschwerend hinzu kommt in diesem Jahr, dass die SG Flensburg-Handewitt, der Halbfinalgegner der Löwen, als einziger Nordclub noch im Wettbewerb ist. Den zweiten Finalisten spielen MT Melsungen und die Füchse Berlin aus – ein Außenseiter und ein Final-Four-Neuling. Den deutschen Meister THW Kiel, der bereits neunmal den Pokal gewonnen hat, haben die Löwen im Achtelfinale aus dem Wettbewerb geworfen. Champions-League-Sieger HSV Hamburg war bereits in der Auftaktrunde gescheitert.

Zweifel am sportlichen Wert lässt Bohmann dennoch nicht zu: „Vier der sechs Topteams der Liga sind dabei. Das zeigt, wie ernst dieser Wettbewerb genommen wird.“ Am Standort Hamburg, wo das Final Four seit 20 Jahren zu Hause ist, wolle man auch über das Vertragsende 2017 hinaus festhalten.

Zumindest im Ausland ist die Wertschätzung für das Turnier ungebrochen. Alle drei Spiele werden live in alle Welt übertragen, in Deutschland auf Sport1. Dank der Einnahmen aus dem Fernsehrechteverkauf sollte auch die geplante Gewinnausschüttung von 120.000 Euro pro Verein gesichert sein. „Das Turnier ist die große Bühne für unsere Liga“, sagt Bohmann, „und das werden wir nutzen.“

Sich der eigenen Stärke zu vergewissern kann nicht schaden in einer Zeit, in der der Handball in vielen Ländern Europas nach Luft schnappt. Erst am Donnerstag hat Dinamo Minsk seinen Rückzug bekannt gegeben, alle Spieler dürfen den weißrussischen Meister umgehend verlassen. In der gerade beendeten Champions-League-Gruppenphase hatte der Club noch gegen den FC Barcelona gespielt – vor 15.320 Zuschauern.