Die HSV-Handballer haben mit Domagoj Duvnjak und Joan Cañellas zwei Weltklasseleute für die Spielmacherposition. Ein Luxus, der nächste Saison zum Problem werden könnte.

Hamburg. Blumen wird es für beide geben an diesem Donnerstag kurz vor 20.15 Uhr, wenn in der O2 World das Heimspiel gegen Melsungen angepfiffen wird. Domagoj Duvnjak bekommt dazu noch ein gerahmtes Trikot überreicht, als Anerkennung für seine Wahl zum Welthandballer des Jahres. Joan Cañellas erhält eine Flasche Champagner mit individuellem Etikett, gleichsam als Nachschlag zur Bronzemedaille, die er bei der Europameisterschaft im Januar mit Spanien im Spiel um Platz drei gegen Duvnjaks Kroaten gewonnen hat.

Einer der beiden wird anschließend auf der Bank des HSV Hamburg Platz nehmen, der andere das erste Heimspiel des Jahres für den Champions-League-Sieger eröffnen. Welchen seiner beiden Spielmacher er anfangen lässt, hat Martin Schwalb noch nicht entschieden, und wenn doch, dann lässt er es sich nicht entlocken. Das Gute ist ja, dass der Trainer nicht viel falsch machen kann. Als Starregisseure gelten beide – nicht erst seit der EM, bei der sie zu den auffälligsten Akteuren gezählt haben. Cañellas beendete das Turnier als Torschützenkönig, Duvnjak wurde als Mittelmann in das All-Star-Team gewählt.

Und doch ist die Besetzung der zentralen Position auch eine zukunftsweisende Frage. Duvnjak, 25, wechselt nach fünf Jahren in Hamburg im Sommer zum deutschen Meister und Tabellenführer THW Kiel. Das HSV-Spiel der Zukunft soll Cañellas, 27, gestalten. Je weniger Spielzeit Schwalb ihm zugesteht, umso schwerer könnte es der neu verpflichtete Spanier haben, weiter in die Schlüsselrolle hineinzuwachsen.

Vergangene Woche beim Champions-League-Spiel in Velenje (Slowenien) sowie in Wetzlar durfte schon einmal Cañellas anfangen. Aber dafür macht Schwalb andere Gründe geltend: Duvnjak habe sich mit einem Infekt herumgeschlagen. „Außerdem kann Dule gut damit umgehen, wenn er erst einmal 20 Minuten auf der Bank sitzt.“ Das habe der Kroate auch in Wetzlar nachgewiesen, als er dem HSV zum entscheidenden Vorsprung verhalf.

In keinem Fall, sagt Schwalb, stelle er seine Mannschaft im Hinblick auf die nächste Saison auf, sondern immer nur mit Blick auf den jeweiligen Gegner: „Wir wollen ja jetzt Spiele gewinnen.“ Immerhin steht für den Titelverteidiger ja noch die Qualifikation für die Champions League auf dem Spiel. Da kann jeder seine Stärken einbringen: Cañellas seine Durchsetzungskraft im Spiel eins gegen eins und sein Auge für den Kreisläufer, Duvnjak seine Dynamik und seinen besonderen Spielinstinkt.

Es scheint also darauf hinauszulaufen, dass die beiden ihre Einsatzzeiten einträchtig untereinander aufteilen. Es wäre wohl auch das Gesündeste. Duvnjak wie Cañellas gehörten bei der EM zu den meistbeanspruchten Spielern. Dass der Kroate vergangene Woche von einer Krankheit niedergestreckt wurde, hält Schwalb für eine unmittelbare Folge: „Dule war mit seinen Kräften völlig am Ende.“

Zwei Führungskräfte von dieser Qualität zu haben, können sie in der Bundesliga ansonsten wohl nur in Kiel behaupten. Beim HSV aber könnte dieser Luxus in der nächsten Saison wirklich zum Problem werden. Dann nämlich soll Kentin Mahé, 22, Duvnjaks Rolle übernehmen. Im Training gelinge das dem Franzosen laut Schwalb schon ganz gut. Da arbeite man intensiv vor allem am schnellen Spiel. Doch wenn es um Punkte geht, kommt Mahé, wenn überhaupt einmal, dann meist nur auf Linksaußen zum Zuge. Ein einziges Mal nur, beim Champions-League-Spiel im November in Flensburg, durfte sich der Neuzugang aus Gummersbach als Spielmacher beweisen. Dass es verloren ging, hat seine Position trotz guter Ansätze auch nicht gerade gestärkt. Seine geringe Spielpraxis beim HSV dürfte auch der entscheidende Grund gewesen sein, warum Mahé den EM-Triumph der Franzosen nur als Ersatzmann erleben durfte. Wann er beim HSV einmal wieder eine Chance auf der Mitte bekommt, bei der Frage hält sich Schwalb kaiserlich bedeckt: „Schaun mer mal.“

Einen Blumenstrauß und eine Champagnerflasche wird es für den Europameister am Donnerstag aber geben, genau wie für den dänischen Silbermedaillengewinner Hans Lindberg und den schwedischen EM-Vierten Andreas Nilsson. Ins Aufgebot dürfte es Mahé aber wohl nur auf Linksaußen schaffen, zumal Torsten Jansen über Magen-Darm-Probleme klagte.

Nicht auszuschließen, dass Mahés Zukunft in Hamburg auf dieser Position liegt. Die Verträge von Jansen, 37, und Matthias Flohr, 31, verlieren nach der Saison ihre Gültigkeit. Ob und wie es für sie beim HSV weitergeht, darüber ist offiziell noch keine Entscheidung gefallen. Bis Ende des Monats, so hat es Präsident Andreas Rudolph angekündigt, sollen alle Personalfragen geklärt sein.