Ein Kommentar von Achim Leoni

Mit dem Rücktritt von Präsident Matthias Rudolph ist bei den HSV-Handballern eine Amtszeit zu Ende gegangen, aber keine Ära. Rudolph und sein Bruder Andreas werden die Geschicke des Champions-League-Siegers weiterhin lenken, wenn auch aus etwas mehr Distanz: der eine als Mehrheitsgesellschafter, der andere als Hauptsponsor und Mäzen. Diesen Einfluss zu nehmen ist ihr gutes und, zumindest im Fall von Matthias Rudolph, sogar verbrieftes Recht.

Ungleich schwerer zu beantworten ist die Frage, ob es auch dem HSV gut tut. Bei Zuschauern und Sponsoren sinkt die Nachfrage nach Handball. Das erhöht die Abhängigkeit des Vereins von Andreas Rudolph, der bisher noch jedes Finanzloch gestopft hat. So kann es weitergehen – muss es aber nicht. Der Tag, an dem der Gönner seine Drohung wahr macht und sich zurückzieht, scheint nicht mehr allzu fern zu sein. Rudolph wäre das nicht vorzuwerfen: Der Verein hat ihm die Existenz zu verdanken, ein Anspruch aber lässt sich daraus nicht ableiten.

Es wäre an der Zeit, dass der HSV endlich erwachsen wird und sich von den Rudolphs lossagt. Dazu bedürfte es großer Anstrengungen. Die Kosten müssten gesenkt, die Strukturen gestrafft, der Nachwuchs noch besser gefördert werden. Das Produkt muss deshalb nicht schlechter werden. Zumindest im Handball führt Berlin vor, dass man (relativ) arm, aber trotzdem sexy sein kann. Und all die verhinderten Sponsoren, die wegen der Übermacht der Rudolphs vor einem Engagement zurückschreckten, hätten dann auch keine Argumente mehr.