Ein Kommentar von Rainer Grünberg

Wenn ein Meisterschaftsmitfavorit mit zwei Niederlagen in die Saison startet, darf es niemanden verwundern, dass intern und öffentlich Fragen gestellt werden. Bei den Handballern des HSV ist das in diesen Tagen der Fall. Zwei verlorene Bundesligaspiele taugen jedoch nicht als Basis, um alles infrage zu stellen.

Präsident Matthias Rudolph und sein Bruder Andreas, der den Verein weiter mit seinen Millionen alimentiert, haben sich vor dieser Saison für eine radikale Verjüngung der zuletzt ältesten Bundesligamannschaft entschieden. Dass sie dabei die Hoffnung hegten, nahtlos an den Champions-League-Sieg im Juni in Köln anknüpfen zu können, ist verständlich. Realistisch sind andere Szenarien. Handball ist ein taktisch komplexes Spiel, und bis 19 Mann ihr Verhalten für jede Situation automatisiert haben, vergehen gewöhnlich Monate, eher sogar Jahre. Der HSV hat auch deshalb den höchsten europäischen Handballtitel gewinnen können, weil im damaligen Team blindes Verständnis herrschte.

Die Hamburger Handballer sind nicht der erste Club, der mit einem Umbruch auch Risiken eingeht. Niederlagen gehören auf diesem Weg dazu. Bewährt haben sich zwei Tugenden: Geduld und Vertrauen – weil ein Umbruch ein Prozess und eben keine Sofortmaßnahme ist. Wenn der gesamte Verein hinter dem Konzept und den Personen steht, Ruhe und Geschlossenheit wahrt, dann wird Erfolg meist nur zu einer Frage der Zeit. Der Fußballclub Borussia Dortmund wäre dafür ein Beispiel. Niemand geriet hier in Panik, als der neue Trainer Jürgen Klopp 2009 den Uefa-Pokal verpasste. 2011 wurde Dortmund Meister.