Trainer Martin Schwalb über die Form der HSV-Handballer vor ihrem Bundesligastart, das Duell gegen Kiel und die gestiegene Konkurrenz in Deutschland.

Hamburg. Für Martin Schwalb, 50, den Trainer der HSV-Handballer, ist das in Doha (Katar) 25:27 verlorene WM-Finale gegen den FC Barcelona abgehakt, auch wenn der Ärger über manche verpasste Möglichkeit am Sonnabend auf dem Rückflug nach Hamburg in der Mannschaft und bei Präsident Matthias Rudolph („Von den Chancen her hätten wir dieses Spiel gewinnen müssen“) weiter für Diskussionen sorgte. „Wir blicken jetzt nach vorn. Nach der Schlusssirene in Doha hat für uns die Vorbereitung auf unser erstes Bundesligaspiel am Mittwoch beim Bergischen HC begonnen“, sagt Schwalb.

Hamburger Abendblatt: Herr Schwalb, war der Super Globe in Doha nun eine gute Vorbereitung auf die Bundesliga oder einfach nur Stress?

Martin Schwalb: Es war eine akzeptable Vorbereitung, weil sich die Mannschaft unter Wettkampfbedingungen einspielen konnte. Sie hat die fünf Begegnungen genutzt, sie hat sich positiv verhalten und sich weiterentwickelt. Gegenüber den Champions-League-Qualifikationsspielen vor zehn Tagen gegen die Füchse Berlin (30:30; 27:26) haben wir erkennbar Fortschritte gemacht. Aber es war natürlich auch Stress pur.

Hat der Super Globe, das Turnier der Kontinentalmeister, in der jetzigen Form eine Zukunft? Es gibt Überlegungen, die Vereins-WM mit weiteren starken Mannschaften aus Europa aufzuwerten.

Schwalb: Ich war überrascht über die Stärke der beteiligten Vereine. Das war kein Fallobst wie zum Teil noch vor ein paar Jahren. Die Clubs aus Katar und Tunesien könnten in der Bundesliga mithalten. Weitere Spitzenteams würden der Veranstaltung sicher nicht schaden. Über den Termin sollte man jedoch diskutieren. Das war schon hart zu dieser Jahreszeit, draußen bei über 40 Grad brutal heiß, in den Hallen bei unter 18 Grad fast schon zu kalt. Im Winter herrschen hier weit angenehmere Bedingungen. Ich bin überzeugt, dass dieses Turnier in Katar eine gute Zukunft hat und hoffe, dass wir bald wieder dabei sein dürfen.

Sie müssen in dieser Saison neun neue Spieler in den Kader integrieren. Wie weit sind Sie in diesem Prozess?

Schwalb: Wir werden von Spiel zu Spiel besser, das hat man im Finale gegen Barcelona sehen können. Wir haben uns viele Chancen herausgeworfen, – was nicht jeder Mannschaft gegen Barcelona gelingt –, nur diese dann nicht ausreichend genutzt. Die Neuen beginnen den HSV zu verstehen, begreifen, warum wir wie Handball spielen wollen. Sie haben natürlich noch nicht alle unsere Spielzüge und Abwehrsysteme verinnerlicht. Besonders wenn der Gegner anders reagiert als erwartet, sieht man, dass der eine oder andere Automatismus fehlt. Bis wir perfekt eingespielt sind, wird es ein paar Monate dauern. Ich hoffe nur, wir lassen in dieser Phase nicht allzu viele Punkte liegen.

Es fiel in Doha und gegen Berlin auf, dass Ihr Team viele freie Würfe vergibt. Kann das zu einem Problem werden?

Schwalb: Nur wenn man darüber allzu viel redet. Positiv ist, dass wir uns diese freien Würfe erarbeiten. Auf der anderen Seite haben die Torhüter das Recht, einen guten Tag zu haben. Richtig ist jedoch, dass wir an unserem Wurfbild arbeiten, variabler werden müssen.

Schon am nächsten Sonnabend kommt es in der Bundesliga zum Gipfeltreffen des HSV gegen Kiel. Ist das für Sie der ideale Zeitpunkt für dieses Duell, weil beide Teams noch ihren Rhythmus suchen?

Schwalb: Grundsätzlich wünsche ich mir, dass solche Spiele mit voller Kapelle, von den besten Spielern in Höchstform bestritten werden. Dann sind solche Begegnungen das Handball-Spektakel, das die Zuschauer sehen wollen. Wenn das eine Team müde ist und das andere Verletzte hat, ist das nie ideal. Kiel muss vier neue Spieler integrieren, wir einige mehr. Unter diesen Aspekten wäre es besser gewesen, dieses Spiel würde später in der Saison stattfinden. Es ist aber weder für Kiel noch für uns ein Vor- oder Nachteil, dass wir nun am Sonnabend gegeneinander antreten.

Viele erwarten, dass diese Bundesligasaison an der Spitze ausgeglichen sein wird wie seit Jahren nicht. Sie auch?

Schwalb: Wenn eine Mannschaft einen Lauf bekommt, kann es auch diesmal einen Alleingang geben. Ich gehe aber davon aus, dass fünf Clubs, Kiel, Flensburg, Rhein-Neckar Löwen, Berlin und wir Meister werden können. Danach gibt es mit Melsungen, Hannover, Göppingen und Wetzlar Teams, die für Überraschungen gut genug besetzt sind.

Ist diese Ausgeglichenheit eine Momentaufnahme, oder wird sie auch in den nächsten Jahren Bestand haben?

Schwalb: Aufgrund der veränderten Marktlage für Handball in Europa werden immer mehr ausländische Spitzenspieler auch bei Bundesligaclubs mit kleineren Budgets mit bezahlbaren Gehaltsvorstellungen anheuern wollen. Das macht die Bundesliga noch stärker und wird dafür sorgen, dass es künftig weitere Mannschaften geben wird, die um den Titel und die vier Champions-League-Plätze mitspielen können.

Der Schwede Oscar Carlen, 25, ist am Sonntag in seine Heimat nach Ystad zurückgekehrt. Ende Oktober will er sich einer vierten Operation am Kreuzband unterziehen. Im Januar möchte er ein Studium beginnen. Für den HSV hat der Halbrechte seit seinem Vertragsbeginn 2011 kein Spiel bestritten.