Eurosport-Experte Frank von Behren und Füchse-Manager Bob Hanning trauen den Hamburgern einen Sieg im Champions-League-Halbfinale zu. “Duvnjak der derzeit vielleicht beste Handballer der Welt“

Hamburg. Als Fredrik Petersen gefragt wurde, was passieren muss, damit die HSV-Handballer am Sonnabend in Köln im Halbfinale der Champions League den THW Kiel schlagen können, zögerte der schwedische Linksaußen der Hamburger mit seiner Antwort keinen Moment: "Jogi Bitter, unser Torhüter, muss überragend halten."

Bitters Leistung wird wichtig sein, aber nicht allein entscheidend, glaubt der ehemalige Nationalspieler Frank von Behren, der das Spiel für Eurosport als Co-Kommentator begleitet. "Die Hamburger müssen sich vor den Kielern keineswegs verstecken. Sie sind individuell nicht schlechter besetzt als der deutsche Rekordmeister. Mit Spielmacher Domagoj Duvnjak haben sie den derzeit vielleicht besten Handballer der Welt in ihren Reihen."

Der psychologische Vorteil liege jedoch bei der Mannschaft des Titelverteidigers, die das Triple aus dem Vorjahr mit Siegen in der Meisterschaft, im Pokal und in der Champions League als erstes deutsches Team wiederholen will. "Titel sind weiterhin das Größte für mich. Wenn du einmal etwas gewonnen hast, entwickelt sich eine Sucht und du willst immer, immer mehr", sagt der Kieler Torhüter Thierry Omeyer. Der Franzose verlässt den THW am Saisonende (zu Montpellier AHB) wie sein Landsmann Daniel Narcisse (zu Paris St. Germain), der Serbe Momir Ilic (wohl zu MKB Veszprém/Ungarn) und der schwedische Kapitän Marcus Ahlm, der seine Karriere beendet. Der zweimalige Olympiasieger und Weltmeister Omeyer, 36, gewann mit den Kielern seit 2006 insgesamt 21 Titel.

Der HSV, sagt von Behren, habe in dieser Saison zwar die beiden Bundesligaspiele gegen die Kieler knapp verloren, doch das Team habe gezeigt, "dass es dem THW sehr gefährlich werden kann, weil die Hamburger es verstehen, das Tempospiel der Kieler zu unterbinden. Ich behaupte mal, wenn man die HSV-Spieler in die Trikots der Kieler stecken würde, könnten sie die Champions League gewinnen. Der THW hat dieses Siegergen, was im Fußball den FC Bayern auszeichnet." Das hätten die Kielern in dieser Saison wiederholt bewiesen, als sie in der Schlussphase Rückstände aufholten und am Ende als Sieger vom Feld gingen. Auch der HSV hatte diese Erfahrung in seinem Heimspiel am 27. Oktober machen müssen. 28:23 führten die Hamburger in der 49. Minute, Kiel siegte noch mit 33:30.

"Der THW hat an Dominanz eingebüßt“

Bob Hanning, der Geschäftsführer des Bundesligakonkurrenten Füchse Berlin, ist aufgrund dieses Spielverlaufes aber davon überzeugt, dass der HSV im Halbfinale gegen die Kieler seine Möglichkeiten erhalten wird. "Der THW hat gegenüber der vergangenen Saison an Dominanz eingebüßt. Diesmal kam in einigen Begegnungen auch das nötige Glück hinzu." 2011/2012 triumphierten die Kieler in allen ihren 34 Bundesligaspielen. Und Hanning erinnert an das Champions-League-Halbfinale seiner Füchse gegen Kiel vor einem Jahr, als der Außenseiter den hohen Favoriten an den Rand einer Niederlage warf. "Damals hat nicht die bessere, sondern die glücklichere Mannschaft mit einem Tor Vorsprung gewonnen."

Für den HSV spreche, dass sich das Team seit vier Wochen auf die zwei Spiele in Köln fokussiere. Hannings Fazit: "Treten die Hamburger 60 Minuten lang hoch konzentriert auf, kann ihnen der Coup gelingen. Allerdings: Der HSV hat zu Torhüter Bitter keine Alternative auf höchstem Niveau, Kiel dagegen zu Omeyer schon. Die Chancen bewerte ich dennoch mit 50:50."

Im Endspiel wartet wohl der FC Barcelona

Als Endspielgegner des HSV oder des THW Kiel erwartet von Behren das Starensemble des FC Barcelona, das zuletzt 2011 in Köln siegte. Die Spanier, die mit sieben aktuellen Weltmeistern antreten, haben im ersten Halbfinale mit dem polnischen Meister KS Kielce den vermutlich leichtesten Gegner. Für Kielce spreche wiederum, sagt Hanning, "dass sie mit Bogdan Wenta einen leidenschaftlichen Trainer haben, der weiß, wie man Spiele gewinnt, die man eigentlich nicht gewinnen kann".

Bei den Polen spielt seit einem Jahr Krzysztof Lijewski, der Bruder des Hamburger Halbrechten Marcin Lijewski. Vor zwei Jahren kämpften beide in Köln noch gemeinsam für den HSV um die Champions-League-Krone. 2011 scheiterten die Hamburger jedoch als frisch gekürter deutscher Meister im Halbfinale an BM Ciudad Real aus Spanien. "Damals waren wir noch nicht reif für diesen Titel", sagt HSV-Trainer Martin Schwalb.

Champions League, Final Four in Köln, Halbfinale: Sonnabend, 15.15 Uhr: KS Kielce (Polen) - FC Barcelona; 18 Uhr: THW Kiel - HSV Hamburg. Finale, Sonntag, 18 Uhr; Spiel um Platz drei: 15.15 Uhr. Eurosport überträgt alle Spiele live.