HSV-Handballer verlieren mit 30:27 beim THW Kiel und stehen sich dabei mehr selbst im Weg als der Gegner

Kiel . Für Martin Schwalb ist die Sache klar. Seine Mannschaft hatte beim kommenden deutschen Meister verloren: "Ein Team wie der THW wird sich den Titel jetzt kaum noch nehmen lassen", glaubt der Trainer der HSV-Handballer nach der 27:30-Niederlage beim THW Kiel. Dabei waren die Hamburger keineswegs chancenlos. "Wir konnten uns nie wirklich absetzen. Der HSV ist aber auch eine absolute Weltklassemannschaft", meinte Kiels Coach Alfred Gislason anerkennend.

Zu mehr als zum zwischenzeitlichen Ausgleich hatte es für den HSV allerdings nicht gereicht. "Beim 18:18 Mitte der zweiten Halbzeit dachte ich, dass wir das Spiel kippen können", sagte Schwalb. Dazu kam es nicht. Vergebene Torchancen aus freien Wurfpositionen und eine Vielzahl individueller Fehler brachten die Hamburger letztlich um den Lohn ihres unermüdlichen Einsatzes. Mal warfen sie ihren Gegenspielern - zum Teil in Überzahl - den Ball unbedrängt in die Arme wie zweimal Spielmacher Michael Kraus, mal konnte der sonst so ballsichere Kreisläufer Igor Vori den Ball nicht festhalten. "Diese Patzer kannst du dir in Kiel nicht erlauben", sagte Schwalb, der seinem Team trotzdem eine "sensationelle Mannschaftsleistung" attestierte.

Im Angriff hatte der HSV in der zweiten Hälfte mit dem Ausfall von Marcin Lijewski zu kämpfen. Der Linkshänder musste mit Knieproblemen passen, fortan mussten die Hamburger im rechten Rückraum mit Rechtshändern agieren. "Da ist es schwer, den Druck aufrechtzuerhalten", meinte Schwalb, der neidisch auf die Gegenseite blickte: "Die Kieler haben Christian Zeitz und Marco Vujin und wechseln da lustig durch, das können wir mit unserer Personaldecke nicht." Im weiteren Spielverlauf verlor der HSV auch noch Torsten Jansen mit Verdacht auf Muskelfaserriss im Oberschenkel. Zwei Ausfälle, die in den nächsten Wochen richtig wehtun könnten. Genaueres sollen am Dienstag Kernspinuntersuchungen ergeben.

Dass der HSV überhaupt so lange im Spiel blieb, lag zum einen an einem wieder einmal blendend aufgelegten Johannes Bitter, der im HSV-Tor 17 Bälle hielt und das Duell mit dem Kieler Weltklasse-Keeper Thierry Omeyer mit 37 Prozent gehaltener Bälle ausgeglichen gestalten konnte. In der Offensive ragte zudem erneut Spielmacher Domagoj Duvnjak heraus, der mit neun Toren bester Werfer seines Teams war. Der Kroate erzielte vier der letzten sieben Hamburger Tore und hielt sein Team mit Einzelleistungen lange im Spiel. In Angriff und Abwehr rieb sich der 24-Jährige für die Mannschaft auf. "Was Dule da jedes Mal 60 Minuten macht und tut, ist unfassbar", lobte Schwalb seine Lebensversicherung. Duvnjak selbst würde seinen Vertrag in Hamburg gerne verlängern, will aber auch ein konkurrenzfähiges Team um sich wissen, das Titel gewinnen kann. Im Sommer kommt es beim HSV zum großen Umbruch - unklar ist, ob das neue, grundveränderte Team sofort ganz oben mitspielen kann.

Mit Vori (nach Paris) und Lijewski (nach Polen) verlassen zwei Eckpfeiler das Team, zudem kehrt Michael Kraus nach Göppingen zurück. Torhüter Dan Beutler (Kristianstad) und Rechtsaußen Fredrik Petersen (Füchse Berlin) gehen ebenfalls, und Jansens Zukunft ist mit seinen 36 Jahren auch ungewiss. Neu nach Hamburg kommen Adrian Pfahl, Petar Djordjic, Henrik Toft Hansen und Kentin Mahé. Mit dem langzeitverletzten Oscar Carlén bekäme der HSV quasi einen fünften Neuzugang.

Bis zum Saisonende gilt es jetzt, die Ziele nicht aus den Augen zu verlieren. Im Pokal-Halbfinale und im Champions-League-Viertelfinale wartet die SG Flensburg-Handewitt wie im nächsten Bundesliga-Spiel am 9. April. Der HSV ist derzeit Tabellenfünfter, muss für die Champions-League-Qualifikation mindestens Dritter werden. "Das wird ganz schwierig, das wissen wir", sagt Schwalb. Zwar haben die Hamburger in Pokal und Champions League noch die Chance zwei Titel zu holen, in der kommenden Spielzeit soll dann auch endlich wieder Konstanz in die Ligaauftritte kommen. Dann nämlich will der HSV mit dem THW Kiel nicht nur 60 Minuten auf Augenhöhe sein, sondern mal wieder eine ganze Saison.

Tore, Kiel: Jicha 8, Vujin 6 (3 Siebenmeter), Toft Hansen 3, Zeitz 3, Ilic 2 (2), Klein 2, Palmarsson 2, Sprenger 2, Narcisse 1, Sigurdsson 1; HSV: Duvnjak 9, Lijewski 4, Vori 4, Petersen 3, Lindberg 2, Schröder 2, Hens 1, Kraus 1, Lackovic 1. SR: Damian/Wenz (Bingen / Mainz). Zu.: 10.258. Zeitstrafen: 2; 2.