HSV-Handballer gewinnen Achtelfinalhinspiel in Celje mit 38:29. Oscar Carlén trainiert wieder in der Hansestadt.

Celje. Auf dem Spielfeld ist das Rückzugsverhalten der HSV-Handballer nach eigenen Angriffen derzeit bestens organisiert. Für die Rückreise vom Achtelfinalhinspiel der Champions League beim slowenischen Vizemeister RK Celje Pivovarna Lasko war am Sonntagmorgen dagegen die Kunst des Improvisierens gefragt. Wegen Schneefalls in Frankfurt am Main fiel in Graz (Österreich) der gebuchte Lufthansa-Flug ersatzlos aus. Nach einer Stunde des Telefonierens und Verhandelns präsentierte Trainer Martin Schwalb die komfortabelste Lösung: mit dem Bus zweieinhalb Stunden nach Wien, von dort mit Air Berlin direkt nach Hamburg. Um acht Uhr abends, mit rund sechs Stunden Verspätung, traf das Team schließlich in Fuhlsbüttel ein.

Wer am Nachmittag zuvor den Auftritt des HSV in der Dvorana Zlatorog (Sporthalle Goldhorn) in Celje verfolgt hatte, der hätte nach dem überraschend deutlichen 38:29-(20:13)-Erfolg bereits zu dem Schluss kommen können, dass die Hamburger Handballer momentan nur von höherer Gewalt aufzuhalten sind. Kompakt in der Abwehr, schnell im Gegenstoß, variabel im Angriff - Schwalb hatte an der konzentrierten Leistung seiner Mannschaft nur wenig auszusetzen, allein eine kurze Phase nach dem Seitenwechsel, als Celje zwischenzeitlich den Rückstand von 13:21 auf 16:21 verkürzte, missfiel dem Coach.

"Der HSV hat lange Zeit auf einem anderen Niveau gespielt - wie ein Champion", sagte Celjes Trainer Vladan Matic. Das Rückspiel am nächsten Donnerstag (19.30 Uhr, Sporthalle Hamburg) hat daher für ihn "bloß statistischen Wert". Schwalb sieht das wie gewohnt anders: "Noch haben wir das Viertelfinale nicht erreicht."

Diese Mahnung scheint bei dem augenblicklichen Zustand der Mannschaft überflüssig. Möglicherweise hat der HSV nie effektiver Handball gespielt als in diesen Wochen, vielleicht selbst im Meisterjahr 2011 nicht. "Es ist nur eine sehr schöne Momentaufnahme, mehr nicht, aber zurzeit passt wirklich alles", sagt der Kroate Blazenko Lackovic, "es macht richtig Spaß." Und sein Landsmann Igor Vori schwärmte noch am Tag danach von einigen Angriffskombinationen: "Die waren perfekt, reif fürs Lehrbuch." Und auf jeden Fall zu schnell für die Slowenen, die eigentlich für ihre gute Abwehrarbeit bekannt sind. Selbst der THW Kiel hatte damit seine Probleme, als er in der Vorrunde der Champions League 28:31 in Celje verlor. Schwalb lehnt jedoch jede Form von Überkreuzvergleichen ab: "Die führen nur in die Irre. Jedes Spiel hat seinen eigenen speziellen Spannungsbogen." Was ihn nicht davon abhält, höchste Ansprüche zu formulieren: "Wir wollen in diesem Jahr die Champions League gewinnen!"

Noch Ende vergangenen Jahres hätte man einen Satz wie diesen wohl in der Kategorie Größenwahn abgelegt, drei Monate später muss man ihn als realistische Zielsetzung ernst nehmen. "Die Mannschaft", sagt der Meistertrainer, "hat wieder Vertrauen in das, was sie tut. Das merkt man ihr in jeder Situation an. Dadurch ist eine Art von Selbstverständlichkeit in unser Spiel zurückkehrt, die man auch als positive Arroganz beschreiben könnte. Die hat uns am Anfang der Saison gefehlt."

Die zahlreichen Verletzten und die Unruhe im Umfeld hätten ein Übriges zur allgemeinen Verunsicherung beigetragen, glaubt Schwalb. Damit scheint es nun vorbei. Der von Präsident Matthias Rudolph im vergangenen August erbetene freiwillige Gehaltsverzicht von 20 Prozent ist vom Verhandlungstisch, die alten Verträge bleiben unangetastet. Die neuen sollen jedoch der veränderten Marktsituation mit sinkenden Gehältern angepasst werden. Allein der umworbene Spielmacher Domagoj Duvnjak hat ein stark verbessertes Angebot des HSV vorliegen.

Zu den positiven Nachrichten gehört auch die Rückkehr des Schweden Oscar Carlén nach Hamburg, dem Schwalb nach den ersten Trainingsversuchen drei Wochen Heimaturlaub gewährt hatte. Eine eingehende Untersuchung seines viermal operierten rechten Knies mit verschiedenen diagnostischen Verfahren gab jetzt Entwarnung. "Mit diesem Knie kann man Leistungssport treiben, was nicht ausschließt, dass es unter starker Belastung die nächsten Wochen und Monate noch mal dick werden könnte", sagt HSV-Mannschaftsarzt Lars Witthöft. Als grundsätzliches Problem seien aber nur muskuläre Defizite am rechten Oberschenkel festgestellt worden, den Carlén jetzt auftrainieren muss. Am Wochenende hat er damit begonnen. Schwalb rechnet weiter mit dem ersten Einsatz des wurfgewaltigen Linkshänders noch in dieser Saison. Schon weit früher sollte Kapitän Pascal Hens (Fußverletzung) aufs Parkett zurückkehren. In Celje hätte er im Notfall spielen können - doch der trat nicht ein.

Tore, Celje Pivovarna Lasko: Mackovsek 13, Zvizej 3, Zelenovic 3, Marguc 2 (2 Siebenmeter), Skube 2, Toskic 2, Poteko 1, Razgor 1, Janc 1, Cavor 1; HSV Hamburg: Lindberg 10 (4), Lijewski 9, Lackovic 6, Vori 3, Kraus 2, Nilsson 2, Flohr 2, Jansen 1, Duvnjak 1, Schröder 1, Petersen 1. Schiedsrichter: Horvath/Marton (Ungarn). Zuschauer: 4500. Zeitstrafen: 4; 4. Siebenmeter: 4 (2 verwandelt); 5 (4). Rote Karte: M. Lijewski (56.) nach der dritten Zeitstrafe.