Die HSV-Handballer sind nach dem 35:33 gegen Montpellier Gruppensieger. Am Dienstag wird das Achtelfinale ausgelost. Bitter besser denn je.

Hamburg. Stimmt ja, letztes Jahr waren die HSV-Handballer auch als Gruppenerster ins Achtelfinale der Champions League eingezogen! Aber wer war damals noch mal der Gegner? Johannes Bitter wusste es nicht mehr. "Ciudad Real?" Nun, es waren die Füchse Berlin, aber dass Bitter das verdrängt hat, muss man ihm nachsehen. Zum einen schieden die Hamburger damals aus. Zum anderen zog sich der Torhüter im Rückspiel einen Kreuzbandriss zu, der ihn ein Dreivierteljahr lang außer Gefecht setzte.

Inzwischen spielt Bitter wieder mit. Nicht irgendwie - besser denn je. Wenn man vorsichtig von einer neuen Blüte dieser Mannschaft sprechen darf, dann hat das vor allem mit ihm zu tun. 20 Würfe wehrte Bitter am Sonnabend beim 35:33 (18:15)-Sieg gegen Montpellier ab. Man brauchte die Statistiken dieses letzten Champions-League-Gruppenspiels nur lange genug durchzuschütteln, am Ende fiel die Torhüterleistung als Kennzahl heraus, die den Bundesliga-Sechsten vom französischen Meister und aktuellen Tabellenzweiten abhob. "Jogi war schon in den vergangenen drei Begegnungen überragend", sagte HSV-Spielmacher Domagoj Duvnjak, "heute Abend war er noch besser. Es ist sehr wichtig für uns, dass er wieder da ist."

Man sehe sich nur einmal Montpellier an, um zu wissen, wie wichtig. Die Franzosen spielen auch ohne ihren über einen mutmaßlichen Wettskandal gestolperten Superstar Nikola Karabatic einen feinen Ball. Aber sie haben keinen Bitter. Ihre Nummer eins, Mickael Robin, brachte es am Sonnabend fertig, nach 34 Sekunden die Rote Karte zu sehen, weil er beim Versuch, einen langen Pass Bitters abzufangen, mit HSV-Rechtsaußen Hans Lindberg kollidiert war. Nach 90 Sekunden verloren die Franzosen auch ihren zweiten Schlüsselspieler, als der frühere Kieler Vid Kavticnik umknickte. Ferndiagnose: Bänderriss im Sprunggelenk.

Trotzdem entwickelte sich das wohl beste HSV-Gruppenspiel dieser Champions-League-Saison, was wohl damit zu tun hatte, dass es für beide Mannschaften um viel ging: für Hamburg um den Gruppensieg, für Montpellier darum, als Tabellenvierter das Achtelfinale überhaupt zu erreichen. "Dass eine solche Mannschaft jetzt ausgeschieden ist, ist schon ein starkes Stück und zeigt, in was für einer besonderen Gruppe wir uns durchgesetzt haben", sagte HSV-Trainer Martin Schwalb.

Tatsächlich hat seine Mannschaft jetzt etwas geschafft, was noch im Herbst unerreichbar schien. Da hatte man sich beim Qualifikationsturnier im französischem Saint Raphael gegen die Gastgeber erst nach Verlängerung in die Champions League gezittert und taumelte mehr schlecht als recht durch die Bundesliga. Die Spieler wirkten verunsichert, ihr Spiel statisch. Eine Situation wie gegen Montpellier Mitte der zweiten Halbzeit, als eine 17:11-Führung (26.) in einen 23:25-Rückstand (42.) umgeschlagen war, hätte damals mit einiger Sicherheit zum Einbruch geführt.

Der HSV des Jahrgangs 2013 aber verliert nicht mehr so schnell die Kontrolle über das Spiel und das Zutrauen in das eigene Können. "Wir haben die Ruhe wiedergefunden, die uns vor zwei Jahren in der Meistersaison ausgezeichnet hat", sagte Bitter. "Und wir haben etwas erreicht, womit viele nach der Hinrunde nicht mehr gerechnet hatten. Aber nun stehen wir dort, wo der HSV hingehört - und die Champions League geht jetzt erst richtig los. Das Spiel gegen Montpellier hat uns noch mehr Selbstvertrauen gegeben."

Schwalb spricht in diesem Zusammenhang gern von "Automatismen", einstudierten Spielzügen also, die seiner Mannschaft über kleinere Krisen hinweghelfen. Und auch das Tempo hat der HSV wieder spürbar angezogen: Annähernd die Hälfte aller Tore gegen Montpellier resultierten aus Kontern.

Schwalb hat die Entwicklung zufrieden registriert. Sie gibt ihm auch die Gelassenheit, auf das Comeback des zwei Jahre verletzten Oscar Carlén zu warten, das erneut vertagt wurde. Der Trainer sagt: "Man muss sich keine Sorgen um uns machen." Und also auch nicht um den Achtelfinalgegner, der am Dienstag (12.30 Uhr/live bei ehftv.com) in Wien dem HSV zugelost wird. Infrage kommen Szeged (Ungarn), Celje (Slowenien) und Bjerringbro-Silkeborg aus Dänemark, der Club des kommenden HSV-Neuzugangs Henrik Toft Hansen.

Das Schema

Tore HSV: Lindberg 8 (5 Siebenmeter), M. Lijewski 6, Hens 6, Lackovic 4, Vori 3, Petersen 3, Kraus 2, Schröder 1, Duvnjak 1, Flohr 1

Montpellier: Accambray 8, Arvin-Berod 6 (1), Guigou 6 (2), Tej 5, Malmagro 4, Gutfreund 3, Metlicic 1

Schiedsrichter: Kurtagic/Wetterwik (Schweden)

Zuschauer: 6752

Zeitstrafen: 3; 2

Rote Karte: Robin (Montpellier/1. Minute)

Siebenmeter: 7 (5 verwandelt); 4 (3)