Die Hamburger Handballer besiegen vor nur 2705 Zuschauern im Pokal-Viertelfinale Hannover-Burgdorf mit 33:31.

Hamburg. Ein Handballspiel dauert 60 Minuten, aber manchmal verdichtet sich alles auf wenige Sekunden. 72 waren noch zu spielen im DHB-Pokal-Viertelfinale zwischen dem HSV Hamburg und der TSV Hannover-Burgdorf, als Lars Lehnhoff zum Siebenmeter antrat. Ein Tor hätte den 31:32-Anschluss hergestellt und diesem Spiel womöglich eine dramatische Wendung gegeben, denn der HSV hätte es in Unterzahl zu Ende spielen müssen. Aber vor Lehnhoff stand Johannes Bitter. Dem HSV-Torwart war bis dahin nicht viel gelungen. Mit zwei Ausnahmen: Er hatte je einen Siebenmeter von Lehnhoff und Morten Olsen pariert.

Lehnhoff also täuschte an, warf, aber Bitters linke Hand war schon da, wo der Ball hinsollte. Sie verhinderte einen Fehlstart ins neue Jahr, das ja unbedingt besser werden soll als das alte, aus dem man zwölf Minuspunkte mitgenommen hat.

Am Ende siegte der Bundesligasechste HSV gegen den Bundesligafünften mit 33:31 (18:17) in einer Partie, die Präsident Matthias Rudolph als "extremes Schlüsselspiel" bezeichnet hatte, und darf am 13./14. April in der O2 World zum achten Mal am Final Four teilnehmen. "Das war eines unserer Saisonziele, deshalb ist die Freude groß", sagte Trainer Martin Schwalb.

Er kann zuversichtlich die nächsten Aufgaben in Angriff nehmen, zumal die Rückkehr von Spielmacher Michael Kraus (Rücken) und auch Oscar Carlén absehbar ist. Dessen Comeback nach zweijähriger Verletzungspause wurde noch einmal vertagt. "Das Knie ist stabil", sagte Schwalb, "aber wir wollen Oscar ganz behutsam wieder bundesligafähig machen." Auch das Champions-League-Spiel am Donnerstag in Tschechow findet ohne den Schweden statt.

Wie wichtig die WM-Pause doch gewesen sei, um wieder zu Kräften zu kommen, hatte Hannovers Trainer Christopher Nordmeyer zuvor betont. Er hatte in dem Ungarn Tamas Mocsai nur einen Spieler für das Turnier abstellen müssen, der HSV hingegen fünf. Aber dann setzte sich zunächst ein Mann in Szene, der bei der WM zu den Meistbeschäftigten gehörte: Igor Vori. Mit bemerkenswerter Leichtfüßigkeit setzte sich der Koloss von Zagreb am Kreis in Szene und verzückte die 2705 Zuschauer mit immer neuen Kunstwürfen. Acht waren es allein in der ersten Halbzeit. "Igor hat ein überragendes Spiel gemacht", lobte Schwalb.

Es überdeckte die Schwächen, die das Hamburger Spiel noch aufwies. Die Flügel schien der HSV gleichsam eingeklappt zu haben, nicht einmal beim Gegenstoß bekamen die Außen einmal einen Ball in die Hand. So kam es zu der seltenen Begebenheit, dass Hans Lindberg ohne Feldtor blieb. Und in der Abwehr machte Schwalb hinter Vori, der an der Neunmeterlinie nach Kräften ackerte, immer wieder Lücken aus: "Man hat schon gemerkt, dass wir seit Wochen nicht mehr zusammen trainiert haben, da hat in der Rückwärtsbewegung vieles nicht gestimmt."

Besser wurde es, als Schwalb in der zweiten Halbzeit den bis dahin neben sich stehenden Blazenko Lackovic konsequenterweise ins Deckungszentrum beorderte. Um bis zu vier Tore konnte sich der HSV in der Folge absetzen. Kapitän Pascal Hens merkte man gerade in dieser Phase an, wie gut es ihm tut, dass er sich die Belastung einer WM nicht mehr zumutet. Seine Hochgeschwindigkeits-Sprungwürfe erinnerten an den Pascal Hens, der vor bald zehn Jahren zum HSV kam. Und Marcin Lijewski schien auch an bessere Zeiten anzuknüpfen. Dass er seine Nationalmannschaftskarriere bei der WM nicht mit der erhofften Medaille beschließen konnte, auch davon scheint seine Vereinsmannschaft eher zu profitieren. Acht Tore hatte der Pole in einem so wichtigen Spiel jedenfalls schon länger nicht mehr erzielt.

Wenn sich der Aufwärtstrend fortsetzt, dann ist der HSV zumindest im Pokal noch für eine positive Überraschung gut. Die möglichen Halbfinalgegner werden im Verlauf der Woche noch ermittelt. Mit Flensburg-Handewitt, den Rhein-Neckar Löwen und dem THW Kiel sind allerdings noch alle Spitzenmannschaften der Bundesliga im Rennen. "Wir haben jetzt die Zeit, uns einzuspielen", sagte Matchwinner Bitter. Es klang wie eine Drohung.

Tore, HSV Hamburg: Vori 9, Lijewski 8, Hens 7, Schröder 3, Petersen 2, Duvnjak 2, Flohr 1, Lindberg 1 (1 Siebenmeter); Hannover-Burgdorf: Lehnhoff 7 (5), Patrail 6, Hykkerud 6, Olsen 4, Johannsen 4, Szücs 2, Mocsai 1, Buschmann 1. Schiedsrichter: Fleisch/Rieber (Ostfildern/Nürtingen). Zuschauer: 2705. Zeitstrafen: 4; 3.