Die HSV-Handballer besiegen die HSG Wetzlar in einem packenden und kraftraubenden Bundesligaduell mit 30:29

Hamburg. Etwas musste dieses Spiel mit Fredrik Petersen angerichtet haben. Während seine Mitspieler humpelnd und schlurfend hinaus in die Nacht trotteten, konnte man den Schweden federnden Schrittes von der Kabine der HSV-Handballer in den Innenraum der O2 World und wieder zurück sprinten sehen. Petersen schien noch viel Kraft zu haben nach diesem äußerst kraftraubenden Spiel gegen die HSG Wetzlar. Aber so, wie es gelaufen war, gab es an diesem Sonnabendabend wahrscheinlich keinen Menschen, der sich leichter fühlte als er.

Die entscheidende Szene beschrieb Petersen später so: "Es war kaum noch Zeit, ich war frei, da habe ich den Ball gefordert und einfach geworfen." So also hatte es sich zugetragen, zwei Sekunden vor dem Ende, wobei noch drei Details zu ergänzen wären. Das erste: Es handelte sich um einen Unterhandwurf aus gut neun Meter Entfernung, was in der Bundesliga eher selten zum Erfolg führt. Das zweite: Er flutschte dem Wetzlarer Torhüter Nikola Marinovic durch die Beine. Das dritte: Es war der Siegtreffer zum 30:29 (11:15).

Auch sollte erwähnt werden, dass der HSV in Unterzahl spielte. Domagoj Duvnjak hatte sich eine Zeitstrafe eingehandelt, ausgerechnet der Mann für die entscheidenden Würfe und der einzige Hamburger, der aus dem Rückraum etwas getroffen hatte. Aber was HSV-Trainer Martin Schwalb über Neuzugang Petersen wusste, war den Wetzlarern offenbar nicht bekannt: "Fredrik hat da unten ein fieses Ding. Dieser Hüftwurf ist immer eine Option."

In diesem Fall war es das logische Ende eines ersten Rückrundenspiels, das im Zeitraffer die Gefühlslagen der gesamten HSV-Hinrunde abspulte. Wie schon bei der 28:35-Niederlage in Wetzlar zu Saisonbeginn waren die Hamburger vom Körpereinsatz ihres Gegners so beeindruckt, dass sie mit bis zu sechs Toren in Rückstand gerieten (8:14, 25. Minute). Anstatt den Kampf anzunehmen, wurde viel Energie dafür aufgewendet, das nicht sehr besinnlich gestimmte Publikum gegen die Schiedsrichter aufzubringen.

"Ich hatte wirklich lange Angst, dass es wieder so läuft wie im Hinspiel", gestand Johannes Bitter später. Der Torwart blieb mit 29 Prozent gehaltenen Bällen eher unter seinem Niveau. Rein gar nichts wollte Rechtsaußen Hans Lindberg gelingen, der Bundesliga-Toptorjäger musste nach zwei verworfenen Siebenmeter und einem Fehlwurf von außen nach 14 Minuten Stefan Schröder weichen.

Es war eine von mehreren guten Entscheidungen Schwalbs an diesem Abend. Mit Schröder wechselte er jenen Kampfgeist und Einsatzwillen ein, der nach dem 15:20 in den letzten 22 Minuten noch die Wende bringen sollte. "Wir haben uns in der zweiten Halbzeit nicht mehr von Rückschlägen aus der Bahn werfen lassen, sondern immer die passende Antwort gegeben. Das war ganz großer Sport", sagte Schwalb. Eine andere gute Entscheidung von ihm war, die Abwehr offensiv umzustellen. Sie machte entscheidende Ballgewinne.

Hinterher konnte Schwalb von "deutlichen Schritten in die richtige Richtung" erzählen, die seine Mannschaft gegangen sei. Der vorläufig letzte ist am Mittwoch beim TV Großwallstadt zu gehen (17.30 Uhr), bevor der Spielbetrieb aufgrund der WM im Januar in Spanien für sechs Wochen ruht. Torsten Jansen (Achillessehnenschmerzen) könnte dann den nächsten Comebackversuch starten.

Tore, Hamburg: Duvnjak 7, Schröder 6, Petersen 6 (3 Siebenmeter), Hens 4, Vori 3, Nilsson 2, Flohr 1, Lindberg 1 (1); Wetzlar: Fäth 6, Schmidt 6 (3), Tiedtke 5, M. Müller 5, P. Müller 3, Reichmann 1, Harmandic 1, Kristjansson 1, Fridgeirsson 1. Schiedsrichter: Harms/Mahlich (Magdeburg/Stendal). Zuschauer: 11.160. Zeitstrafen: 5; 3.