HSV-Handballtorwart Dan Beutler besänftigt seine Kritiker beim 32:19-Sieg gegen Balingen mit einer Glanzleistung.

Hamburg. Es dauerte nur ein paar Augenblicke, und aus dem Mann des Spiels war wieder ein gewöhnlicher Mensch geworden, einer unter vielen, die längst den Innenraum der O2 World geflutet hatten. Dan Beutler nahm sein Töchterchen auf den Arm, setzte sich auf die HSV-Bank, auf der er zuvor nur für die Dauer eines Siebenmeters Platz genommen hatte, und hielt einen ausgiebigen Plausch mit seinen schwedischen Freunden. Sie waren extra zu diesem Spiel gegen HBW Balingen-Weilstetten angereist, und sie hätten sich kein besseres dafür aussuchen können, denn es war sein Spiel gewesen. 17 Würfe hatte er pariert, nur einen weniger, als er Tore zulassen musste. Eine Quote, für die das Prädikat Weltklasse eigentlich ein zu schwaches ist.

Aber wen interessiert schon die Quote? Beutler, 35, jedenfalls nicht: "Du musst die wichtigen Bälle halten, dann gewinnst du das Spiel." Gestern hielt er nicht nur die wichtigen, sondern auch die unwichtigen (wobei noch zu klären wäre, was ein unwichtiger Ball ist), und so sprang am Ende nicht nur ein Sieg heraus, sondern mit 32:19 (16:9) der höchste der Saison. Damit war nicht unbedingt zu rechnen gewesen gegen einen Gegner, der immer für eine Überraschung gut ist. Diesmal bestand sie darin, von der ersten Minute an mit einem siebten Feldspieler anzugreifen und die Hamburger Abwehr mit bis zu drei Kreisläufern an der eigenen Sechsmeterlinie zu binden. Die Taktik ging diesmal nicht auf, obschon es HSV-Kreisläufer Igor Vori einmal tatsächlich schaffte, aus 25 Metern das leere Balinger Tor zu verfehlen.

Über das kleine Malheur sprach hinterher allerdings niemand mehr. Vielmehr beschäftigte die Frage, wie der HSV zu einer solchen Glanzleistung fähig sein konnte, wo doch sein bester Mann, Domagoj Duvnjak, sich aufgrund einer Innenbanddehnung im Knie unter die Zuschauer gemischt hatte. Ohne ihn, der den HSV in den vergangenen schweren Wochen vor dem totalen Absturz bewahrt hatte, stand die Abwehr nach kurzen Anpassungsschwierigkeiten so sicher wie lange nicht. Ohne ihn führten 13 von 18 Konterversuchen des HSV unmittelbar zum Tor. Ohne ihn fand auch der Angriff unter der guten Anleitung von Michael Kraus immer wieder die Lücke, die zum Erfolg führte.

All das war möglich, "weil sich einige Leute in ungewohnter Position sehr gut in den Dienst der Mannschaft gestellt haben", wie Trainer Martin Schwalb es ausdrückte. Matthias Flohr übernahm Duvnjaks zentrale Rolle in der Deckung, daneben zeigte Kraus, dass er auch auf seine älteren Tage noch willens und in der Lage ist, ein Abwehrspieler zu werden. Fast wirkte es, als habe es erst Duvnjaks Ausfalls bedurft, damit sich einige ihrer eigenen Stärke besannen. Trotzdem wünschte sich Schwalb nichts sehnlicher, als den Kroaten am Mittwoch in Berlin wieder einsetzen zu können: "Dule fehlt der Mannschaft ohne Ende."

Wenn Beutler allerdings so weiterhält, sollte sich der Ausfall verschmerzen lassen. Der Glaube daran, dass man vor eineinhalb Jahren wirklich den besten Torwart der Welt verpflichtet hat, als den ihn der frühere Hamburger Trainer Per Carlén einst anpries, war beim HSV zuletzt nicht mehr allzu ausgeprägt. Bei den November-Niederlagen gegen die Rhein-Neckar Löwen und in Göppingen beschränkten sich Beutlers Ballkontakte im Wesentlichen darauf, ihn aus dem Netz zu holen.

Vergangene Woche konnte er in der Zeitung nachlesen, dass der Verein die nächste Saison trotz laufenden Vertrages ohne ihn plant. Er, der der Mannschaft Rückhalt geben sollte, hatte offenbar selbst keinen mehr.

Aber damit beschäftige er sich gar nicht, versicherte Beutler so hastig, dass man ihm das leider nicht glauben konnte. Wichtig sei ihm gewesen, Schwalbs Vertrauen zu spüren. Und dass Freunde und Familie das Spiel besucht hätten: "Das hat mir viel bedeutet." Wenn es so einfach wäre, sollte der HSV sie künftig zu jedem Spiel einladen.

Tore, HSV Hamburg: Kraus 8, Lijewski 6, Hens 5, Vori 3, Nilsson 4, Lindberg 3, Petersen 2, Schliedermann 1; Balingen-Weilstetten: Theuerkauf 5, Häfner 3, Billek 3, Liniger 3 (3 Siebenmeter), Tubic 2, König 1, Herth 1, Ettwein 1. Schiedsrichter: Immel/Klein (Tönisvorst/Ratingen). Zuschauer: 8351. Zeitstrafen: 2; 1.