HSV-Handballer besiegen in der Champions League die SG Flensburg-Handewitt nach Siebentorerückstand noch mit 31:28.

Hamburg. Michael Kraus hielt es schon lange nicht mehr auf der Auswechselbank. Bei jedem erfolgreichen Angriff in der zweiten Halbzeit sprang der verletzte Spielmacher der HSV-Handballer auf und bejubelte ausgiebig die Treffer seiner Kollegen mit einer zur Faust geballten rechten Hand. Und es gab viel zu feiern in diesen packenden zweiten 30 Minuten. Die Hamburger, die nach zwölf Minuten 3:10 zurücklagen, drehten mit letzter Kraft das Spiel gegen die SG Flensburg-Handewitt, siegten 31:28 (13:15). Der HSV festigte mit dem vierten Erfolg im fünften Spiel seine Führung in der Gruppe A der Champions League und steht vor dem Einzug ins Achtelfinale. Die Flensburger wiederum mussten neben der ersten Niederlage einen weiteren Schwerverletzten beklagen. Arnor Atlason wurde nach zehn Minuten mit Verdacht auf Achillessehnenriss vom Feld getragen. Er war ohne Fremdeinwirkung mit dem linken Fuß umgeknickt.

Zwei Faktoren gaben den Ausschlag für den wechselhaften Verlauf eines hochklassigen und emotionalen Handballmatches: HSV-Torhüter Dan Beutler (Fangquote: 13 von 41 Würfen/32 Prozent) war nach anfänglicher Durchlässigkeit am Ende von seinen ehemaligen Flensburger Mitspielern kaum zu überwinden, während auf der anderen Seite Sören Rasmussen (12 von 43/28 Prozent) das gegenteilige Erlebnis verarbeiten musste. Zu Beginn überragend, nach 20 Minuten acht Paraden bei 15 Würfen, hatte der Däne gegen die mit zunehmender Dauer platzierten Torschüsse der Hamburger keine Chancen mehr. "Am Anfang haben wir gezielt auf den Torwart geworfen, danach neben ihn. Das war letztlich erfolgreicher", bemerkte HSV-Präsident Matthias Rudolph gewohnt süffisant.

Hinzu kam die Energieleistung eines Domagoj Duvnjak, der fast die gesamte Spielzeit in Abwehr und Angriff den Regisseur gab. Neun Treffer erzielte der Kroate bei 14 Versuchen und behauptete hinterher, kein bisschen müde zu sein: "Ich bin erst 24 Jahre alt, da hat man noch genug Reserven." Aber auch seine älteren Nebenmänner hielten tapfer durch. "Die Mannschaft hat sich daran gewöhnt, dass wir im Augenblick viele Verletzte verkraften müssen. Sie hat in dieser schwierigen Situation inzwischen ihren Rhythmus gefunden, bewegt sich gut und effektiv. Deshalb war ich über den großen Rückstand auch nicht sonderlich beunruhigt", meinte HSV-Trainer Martin Schwalb.

Zu den Kranken und Lahmen gesellte sich diesmal mit Hans Lindberg der beste Schütze des HSV. Ein eingeklemmter Nerv an der rechten Schulter hinderte den Linkshänder am Mitmachen. Zu drei Siebenmetern trat Lindberg dennoch an die Linie, zwei verwandelte er. Ansonsten vertrat ihn Stefan Schröder auf Rechtsaußen nach einigen Anlaufschwierigkeiten hervorragend. Ob Lindberg morgen (19.30 Uhr, Sport1) im Bundesligaspiel bei Frisch Auf Göppingen ins Team zurückkehren kann, ist offen.

Wieder voll einsatzfähig scheint Blazenko Lackovic zu sein. Wegen eines gebrochenen Zeigefingers an der rechten Hand hatte der Kroate zuletzt nur Abwehrarbeit leisten können, jetzt durfte er auch im Angriff anstelle von Pascal Hens die Bälle verteilen - und sogar aufs Tor werfen. In der 43. Minute traf er aus acht Metern zum 22:21. In dieser Phase hatte der HSV das Spiel längst unter Kontrolle, baute seinen Vorsprung bis auf 28:24 (54.) kontinuierlich aus.

Dass nicht einmal 6000 Zuschauer, darunter 200 aus Flensburg, das Spiel verfolgten, nahm HSV-Präsident Rudolph zum Anlass, Kritik am Austragungsmodus der Champions League zu üben. "Wenn allen klar ist, dass am Ende beide Mannschaften das Achtelfinale erreichen, fehlt den Gruppenspielen die Spannung." Sein Vorschlag: Vierer- statt Sechsergruppen in der Vorrunde, dafür eine zusätzliche K.-o.-Runde. "Das würde die Spitzenteams, die ohnehin zu viele Spiele haben, entlasten."

Tore: HSV Hamburg: Duvnjak 9, Vori 6, M. Lijewski 4, Schröder 4, Hens 3, Lindberg 2 (2 Siebenmeter), Lackovic 1, Flohr 1, Petersen 1; SG Flensburg-Handewitt: Glandorf 7, Eggert 5, Svan Hansen 5, Mogensen 3, Heinl 2, Knudsen 2, Machulla 2, Atlason 1, Weinhold 1. Schiedsrichter: Gubica/Milosevic (Kroatien). Zuschauer: 5783. Zeitstrafen: 3; 5. Siebenmeter: 3 (2 verwandelt); 0.