Ein Kommentar von Achim Leoni

Zum Glück stellt sich jetzt niemand hin und behauptet, der Erfolg der Rhein-Neckar Löwen sei von langer Hand geplant gewesen. Die Versuchung ist zwar groß angesichts der makellosen Zwischenbilanz von 18:0 Punkten, mit denen die Mannheimer die Tabelle der Handball-Bundesliga anführen. Aber ehrlich gesagt kommt die Erfolgsgeschichte aus dem Nichts. Noch Anfang des Jahres, als Aufsichtsratschef Jesper Nielsen sich und sein Geld zurückzog, schien der Verein am Ende zu sein.

Wie so oft in diesen Fällen wurde damals aus der Not eine Jugend gemacht. Und siehe da: Die vergleichsweise billige und unerfahrene Mannschaft erspielt sich plötzlich Siege, die die Altlöwen noch erzwingen wollten, aber nicht konnten. Ohne den Druck, gewinnen zu müssen, gewinnt es sich ganz offensichtlich leichter.

Morgen kommt es somit zu einer Premiere: Zum ersten Mal geht der HSV Hamburg als Außenseiter in ein Duell mit den Löwen. Beide Projekte wurden einst mit aller Finanzkraft hochgezüchtet. Den Hamburgern war dabei mehr Erfolg vergönnt, weil sie es geschafft haben, ihr sportliches Führungspersonal über Jahre zusammenwachsen zu lassen.

Jetzt aber, da alle wirtschaftlich kürzertreten müssen, verbreiten die Handballsöhne Mannheims mehr Aufbruchstimmung. Sie haben den Wandel in der Mannschaft konsequenter vollzogen und ihn vielleicht auch deshalb besser verkraftet - wobei es sich ohne Verletzungen und Champions-League-Belastung natürlich leichter spielt. Den Mut der Löwen, den Umbruch zu wagen, hätte man dem HSV auch gewünscht.