Zvonimir Serdarusic, langjähriger Erfolgstrainer des THW, über seine Rückkehrpläne und das Handballduell am Sonnabend.

Hamburg. Sein Hobby kommt derzeit nicht zu kurz. Zvonimir Serdarusic hat viel Zeit, um in Kroatien oder in seinem bosnischen Geburtsort Mostar auf Fischfang zu gehen. Zu viel Zeit: Zwei Jahre nach seinem Rücktritt als Trainer der slowenischen Männer sowie des RK Celje und neun Monate nach dem Freispruch vom Vorwurf der Manipulation zieht es den einstigen Erfolgstrainer des THW Kiel wieder zum Handball. Im Abendblatt-Interview blickt der 62-Jährige auf das Spiel des HSV am Sonnabend (15 Uhr, O2 World) gegen seinen früheren Klub voraus.

Hamburger Abendblatt: Herr Serdarusic, der Vorwurf der Schiedsrichterbestechung wurde von der Staatsanwaltschaft Ende August auf Anraten des Bundesgerichtshofes fallengelassen, der Freispruch vom Januar bestätigt. Wie groß war Ihre Erleichterung?

Zvonimir Serdarusic: Natürlich sehr groß. Es ist letztlich so ausgegangen, wie ich es erwartet hatte, dennoch fühle ich mich seitdem befreit. Juristisch gab es nie ein Berufsverbot, praktisch habe ich das all die Zeit so empfunden. Wenn einem so etwas um den Hals hängt, will keiner so recht auf dich zugehen.

Warten Sie auf ein Angebot aus der Bundesliga?

Serdarusic: Ich warte, aber ich bin nicht in Lauerstellung oder warte darauf, dass ein Trainer entlassen wird. Das ist eine Frage des Respekts vor den Kollegen. Ich muss auch nicht auf Teufel komm raus wieder arbeiten, aber ich würde gern. So zwei oder drei Jahre noch - wenn die Umstände passen. Die spannendere, anspruchsvollere Aufgabe ist es, ein Team aufzubauen und zu formen. Ein Team schnell aus einer Krise raushauen - das kann doch fast jeder.

Es gab immer wieder Gerüchte, Sie seien beim HSV im Gespräch. Stimmt das?

Serdarusic: Ich dachte, ich soll hier das Duell Hamburg gegen Kiel besprechen. Zu dieser Frage daher kein Kommentar.

Gut, also dann zum ehemaligen Gigantenduell Hamburg gegen Kiel: Inzwischen ist nur noch der THW ein Gigant. Der HSV hat den Anschluss verloren.

Serdarusic: Der HSV konnte sich zuletzt nicht mehr verstärken, stimmt. Im Gegenteil. Auch der Verjüngungsprozess ist nicht hundertprozentig angelaufen. Der THW hat immer weiter aufgerüstet und eine gute Altersstruktur im Team. Kiel war sowieso schon eine Klasse für sich, jetzt ist der THW das Maß aller Dinge auf der Welt. Und Favorit auf alle drei Titel: Meisterschaft, Champions League und Pokal. Wer sonst?

Aber auch Kiel ist verwundbar: In Berlin gab es ein Unentschieden, in Veszprem sogar eine Niederlage.

Serdarusic: Das muss man relativieren. Diese Gegner stellen längst nicht solch eine Weltklasse dar wie der THW. In Topform, wenn alles passt und beim THW nicht, kann Veszprem durchaus mal zu Hause Kiel besiegen. Ist der THW aber richtig gut drauf, gibt es keine Mannschaft, die ihn schlagen kann.

Düstere Aussichten für den HSV ...

Serdarusic: Der HSV kommt an Kiel nicht mehr heran. Er hat nicht die Mannschaft derzeit. Aber Veszprem auch nicht - und Kiel hat dort verloren. In einem Spiel ist so was schon mal möglich. Wenn alle 100 Prozent bringen, kann auch Hamburg dem THW mal ein Bein stellen. Es wäre aber schon eine kleine Sensation bei der personellen Situation des HSV ...

... dem Spieler wie Hens, Lackovic, Bitter, Carlén und Jansen fehlen ...

Serdarusic: Das sind einfach zu viele. Selbst wenn alle dabei wären, müsste der HSV an seine Grenzen kommen, um eine Chance zu haben. So sind die Voraussetzungen nicht gerade günstig. Wenn beim THW mal ein Ahlm ausfällt, haben sie noch zwei Topleute, die sie für den Kreis und das Abwehrzentrum bringen können. Fehlt mal ein Jicha, haben sie auch noch genug Optionen im Rückraum - das hat Hamburg nicht.

Wie empfanden Sie Martin Schwalbs Comeback auf der HSV-Trainerbank?

Serdarusic: Jeder, der ein wenig vom Handball versteht, konnte sehen, dass es einen Wechsel geben musste, dass es unter Per Carlén so nicht weiterging. Und Martin war schon im Verein, also war es eine logische Entscheidung, wieder auf die Bank zurückzukehren.

Aber der HSV hat - wie früher schon - unerklärliche Aussetzer. So zuletzt beim Remis gegen Neuhausen.

Serdarusic: Ich habe als THW-Trainer doch auch solche Spiele erlebt. Früher hatten wir aber auch nicht so viele Weltklasseleute in der Hinterhand. Alle, die wir hatten, waren auf dem Spielfeld. In Hamburg ist das auch so seit ein, zwei Jahren - und im Moment trifft nicht mal das zu angesichts der vielen Verletzten. Hamburg hat eben nicht mehr 14 Spieler auf Topniveau.

Doch der HSV hat immer noch einen besseren Kader als Wetzlar oder Neuhausen. Einstellungssache?

Serdarusic: Das kann ich von außen nicht beurteilen. Sein könnte es. Glauben die Jungs, ein Spiel ist ein Selbstgänger, kann man nur schwer umschalten, wenn es dann nicht läuft. Und das ist dann auch von der Bank aus oftmals nicht mehr aufzuhalten. Wie gesagt: Ist mir auch passiert.

Aber nicht mehrmals pro Saison ...

Serdarusic: Generell gilt: Die Spieler müssen ein echtes Team bilden. Und ich kann beim HSV nicht mitreden, ob das so ist. Hat man es mit einer echten Mannschaft zu tun, passieren solche Ausrutscher nicht oft.

In Hamburg wird gespart, die Ziele werden moderater. Wohin führt der Weg des HSV?

Serdarusic: Ich wünschte mir, der HSV wäre wirtschaftlich noch so stabil wie einst und könnte Kiel weiterhin Paroli bieten, den THW so richtig angreifen. Das wäre für Hamburg gut, aber auch für die ganze Handballwelt. Der HSV muss verjüngen und gleichzeitig oben dranbleiben. Das ist der Spagat, der gelingen muss. Dann bleibt auch das Publikum treu, das sich ja längst an Spitzenhandball gewöhnt hat. Aber ich bin überzeugt: Gelingt es dem HSV, ein junges, starkes Team aufzubauen, mit dem man sich hier in der Stadt identifizieren kann und das vorne mitmischt, honorieren das auch die Hamburger Fans und kommen weiterhin in die Halle. Übrigens wäre es auch für Kiel wichtig, wenn der HSV ein ernster Herausforderer bliebe.

Könnten Sie sich denn vorstellen, den HSV zu trainieren?

Serdarusic: Natürlich könnte ich das.