Die HSV-Handballer reisen am Dienstag nach Gummersbach und nehmen VfL-Talent Mahé ins Visier

Hamburg. Er hatte sich viel vorgenommen für seine Zeit beim HSV Hamburg. Er wollte sich als Spielmacher durchsetzen, seine Fähigkeiten unter Beweis stellen, zur Führungsfigur avancieren. Doch Wunsch und Wirklichkeit klaffen manchmal weit auseinander. So ist es auch im Fall von Michael Kraus. Der Mittelmann des HSV feierte am Freitag seinen 29. Geburtstag und ist damit dem Alter, in dem man als "hoffnungsvolles Talent" bezeichnet werden kann, längst entwachsen.

Einst sollte er neben Pascal Hens das Gesicht des deutschen Handballs werden. Doch wer in die Halle geht, um "Mimi" spielen zu sehen, wird dieser Tage meist enttäuscht. Mehr als 15, maximal 20 Minuten ist der "Bravo-Boy 2000" auf dem Spielfeld nicht zu sehen. HSV-Trainer Martin Schwalb vertraut primär dem fünf Jahre jüngeren Kroaten Domagoj Duvnjak, mit dem Kraus es scheinbar nicht aufnehmen kann.

Seit er als bestauntes Talent 2007 aus Göppingen nach Lemgo und dann zum HSV ging, stagnieren Kraus' Leistungen. Sicher: Er hatte Pech, zog sich im vergangnen Jahr bei einem Unfall mit einem weißen Porsche 911 GTS einen Innenbandriss im rechten Knie und kurz darauf einen Muskelfaserriss in der Wade zu. Kritiker bemängeln jedoch die fehlende professionelle Einstellung des Mittelmanns. "Ich glaube, Mimi versteht noch immer nicht richtig, worum es geht", sagt Sport-1-Experte Stefan Kretzschmar.

Am Dienstagabend (19.30 Uhr, Sport1) trifft Kraus nun mit dem HSV auf den VfL Gummersbach. Und damit auf den 21-jährigen Spielmacher Kentin Mahé, an dessen Verpflichtung auch die Hamburger Interesse haben sollen. Der Vertrag des Franzosen läuft bis 2014, danach will Mahé "bei einem der größten Klubs Europas spielen und Titel gewinnen". Der HSV könnte dieser Klub sein. Eine Anfrage an Mahés Berater hat es angeblich schon gegeben.

Ob Kraus angesichts dessen eine Zukunft in Hamburg hat, ist mehr als fraglich. Wohl auch aus diesem Grund gibt es Spekulationen über eine Rückkehr des 29-Jährigen zu Frisch Auf Göppingen. Manager Gerd Hofele dachte in der "Südwest-Presse" laut darüber nach, den Wahl-Hamburger aus dem Formtief und zurück zu seinem Heimatklub zu holen. Doch Kraus' Vertrag beim HSV ist gut dotiert und läuft bis 2014. Er wolle ihn erfüllen, teilte der Schwabe mit und beendete damit die Spekulationen um einen Wechsel.

Von seinem Vorhaben, sich in Hamburg durchzusetzen, ist Kraus nicht abgerückt. "In mir steckt mehr", beteuert der Handballprofi. Trainer Martin Schwalb fordert "ein, zwei, drei Topspiele" von Kraus: "Das Potenzial dazu hat er." Doch der 29-Jährige muss sich vorsehen. Mit dem schwedischen Linksaußen Fredrik Petersen besitzt der HSV einen weiteren Kandidaten, der Spielmacherqualitäten hat und neuerdings - wie beim Duell gegen Ademar León - neben Hans Lindberg auch als Siebenmeterschütze fungiert. Eine Rolle, die zuvor Michael Kraus zugetragen war. Der 29-Jährige muss kämpfen, wenn aus Wünschen doch noch Wirklichkeit werden soll.