Trainer Schwalb will einige HSV-Handballer von einem WM-Verzicht überzeugen

Hamburg. Die Länderspiele der deutschen Handball-Nationalmannschaft gegen Serbien an diesem Wochenende in Schwerin und Rostock kann sich Martin Schwalb recht gelassen anschauen. Von seinem HSV Hamburg steht derzeit kein Spieler in der engeren Auswahl von Bundestrainer Martin Heuberger. Was mancher Fan bedauert, ist für Trainer Schwalb eher eine frohe Botschaft: Das Risiko, dass sich weitere Profis verletzen, ist damit wieder ein bisschen geringer geworden.

Die Partie dient beiden Mannschaften der Vorbereitung auf die EM-Qualifikation und auf die Weltmeisterschaft in Spanien, die am 11. Januar beginnt, keine fünf Monate nach dem olympischen Finale von London. Nach Lage der Dinge werden vier Hamburger bei der WM mitspielen: die Kroaten Igor Vori, Blazenko Lackovic und Domagoj Duvnjak sowie Hans Lindberg für Europameister Dänemark. Es gab Jahre, in denen der HSV mehr als doppelt so viele Spieler für ein Turnier abstellen musste. Doch wenn es nach Schwalb geht, sind es immer noch zu viele.

"Wir alle wissen, dass die Belastung viel zu hoch ist", sagt der Trainer, "dieser Terminplan geht gar nicht." Für sein WM-Quartett wird es das dritte Turnier binnen 13 Monaten sein, nach der EM im vergangenen Januar und den Sommerspielen in London. Die Strapazen sind ihnen schon jetzt anzumerken. Eine Saisonvorbereitung mit dem HSV, die auch nur halbwegs diesen Namen verdient, konnte aufgrund des engen Zeitplans keiner von ihnen absolvieren - von Erholung gar nicht zu reden.

Schwalb will deshalb bei einigen Spielern darauf hinwirken, auf die WM zu verzichten und sich auf die Jagd auf den Marktführer THW Kiel zu konzentrieren: "Ich kann natürlich niemanden davon abhalten, für die Nationalmannschaft zu spielen, zumal es für alle eine Herzensangelegenheit ist. Aber ich weiß, dass einige auch von sich ausdarüber nachdenken."

Am ehesten dürften sich Vori, 32, und Lackovic, 31, mit solchen Gedanken tragen. Beide sind im fortgeschrittenen Alter, beide haben mit Kroatien bereits große Titel gewonnen: Olympiasieger, Weltmeister. Und sowohl Kreisläufer Vori als auch der Halblinke Lackovic sind in Schwalbs System für Abwehr und Angriff so unverzichtbar, dass ihnen kaum eine Pause vergönnt ist.

Das gilt erst recht für Spielmacher Duvnjak, 24, und Rechtsaußen Lindberg, 31. Ihnen die WM ausreden zu können, macht sich Schwalb aber keine Hoffnung: "Domagoj ist noch jung, er will immer spielen. Und Hans macht es nichts aus, immer die Seitenlinie rauf und runter zu rennen." Sollte Stefan Terzic, 18, noch in den serbischen WM-Kader rutschen, könnte das Schwalb sogar in die Hände spielen. Im Nationalteam, in das er fürs Wochenende erstmals berufen wurde, könnte der Linkshänder Erfahrung sammeln, die er beim HSV nicht bekommt. Schwalb hält Terzic für noch nicht so gereift, dass er Marcin Lijewski im rechten Rückraum entlasten könnte. Obschon gerade dessen strapaziertes Sprunggelenk jede Pause gebrauchen könnte.

Wenigstens von der WM droht ihm keine Gefahr. Lijewski, der morgen 35 Jahre alt wird, will es bei seinen 244 Länderspielen für Polens Nationalmannschaft belassen: "Angesichts meines körperlichen Zustands kann ich mir die Belastung nicht mehr zumuten."

Das Programm des HSV ist anstrengend genug. Am Sonnabend kommender Woche steht das Auftaktspiel der Champions League im spanischen León an. Drei Tage später muss die Mannschaft in der Bundesliga beim VfL Gummersbach antreten. Und nach dem Ende dieser Partie bleiben nicht einmal 48 Stunden Erholungs- und Vorbereitungszeit bis zum Heimspiel gegen Tschechow am 4. Oktober.

"Eine Katastrophe, das geht einfach nicht", sagt Lijewski. Offensichtlich würden die Spielpläne von Menschen gemacht, die glauben, man könne Gelenke austauschen wie Ersatzteile einer Maschine. Dabei sei Erholung das Einzige, was wirklich gegen Beschwerden helfe. Immerhin: Nach dem gestrigen 52:21-Sieg im Freundschaftsspiel beim Oberligisten TV Neerstedt ist von morgen bis Sonntag trainingsfrei.