Ein Kommentar von Rainer Grünberg

Präsident Matthias Rudolph hat zwar noch das eine oder andere Kommunikationsproblem mit seinen Maßnahmen, seine Entscheidungen führen die HSV-Handballer jedoch zurück in die Realität. Kanzlerin Angela Merkel würde die angekündigten Gehaltskürzungen um 20 Prozent bei Altverträgen von Spielern als alternativlos bezeichnen. Nach dem Ausstieg seines Bruders Andreas Rudolph als Mäzen muss der Verein knallhart sparen, sonst folgen auf die sieben fetten Jahre nicht sieben etwas magerere, sondern das Insolvenzverfahren. Matthias Rudolph hat aus der Geschichte des Vereins gelernt. Im Dezember 2004, vor Rudolphs rettendem Einstieg, war der Klub pleite, weil die Einnahmen die Ausgaben nicht annähernd deckten. Das soll sich nicht wiederholen.

Es wird beim HSV ein Einkommensverzicht auf höherem Niveau, auch wenn niemand Einschnitte dieser Art gern hinnimmt. Sie könnten jedoch die Zukunft der Hamburger Handballer als einen der fünf Spitzenklubs der Bundesliga mittelfristig sichern helfen, schließlich handelt es sich nur um eine Anpassung an den Markt und keineswegs um einen dramatischen Substanzverlust. Die Preise im Handball zeigen seit der Krise in Spanien und dem Aus des dänischen Meisters AG Kopenhagen nur in eine Richtung: nach unten. Die Basis des HSV-Handballs ist dagegen weiter höchst solide. Davon zeugen 5440 vor Saisonbeginn verkaufte Dauerkarten und mehr als hundert Sponsoren.

Auch wenn sich Kritik an Andreas Rudolph angesichts seiner einmaligen Verdienste um den Verein und den Handball verbietet, dennoch diese Anmerkung: Andreas Rudolph hat in der Vergangenheit alle Verpflichtungen, die er für den HSV eingegangen ist, anstandslos beglichen. Doch unter seinem Erbe, unter den von ihm geschlossenen hochdotierten Spielerverträgen, ächzt jetzt der Klub. Es ist eigentlich nicht Rudolphs Stil, sich dieser Verantwortung zu entziehen.