Pleite des dänischen Meisters wird das Gehaltsniveau noch einmal absenken. HSV Hamburg hat kein Interesse an der Konkursmasse

London/Hamburg. Auf dem olympischen Parkett war für Mikkel Hansen alles wie immer. Der Welthandballer wurde hart in Manndeckung genommen und warf im zweiten Vorrundenspiel in London trotzdem acht Tore zum 24:23-Sieg von Europameister Dänemark gegen Spanien. Doch zu Hause geht es drunter und drüber: Der Rückraumspieler ist arbeitslos. Sein Arbeitgeber, Dänemarks selbst ernannter Vorzeigeklub AG Kopenhagen, 2012 Dritter der Champions League, ist pleite. Und plötzlich muss sich der Handballstar inmitten seiner Goldmission auf Jobsuche begeben. "Er hat wohl kein Problem, einen neuen Verein zu finden", glaubt Dänemarks Trainer Ulrik Wilbek. Der deutsche Rekordmeister THW Kiel signalisierte bereits Interesse.

Tragischer noch ist der Fall von Hansens Teamkollege Kim Andersson. Der Schwede war im Sommer trotz Vertrages beim THW bis Juni 2013 von Kiel nach Kopenhagen gewechselt, weil er näher bei seiner Familie sein wollte. Mit der hatte er im Juni sein neues Haus im südschwedischen Ystad bezogen. Seine Rückkehr zum amtierenden Champions-League-Sieger scheint aber ausgeschlossen. "Kim ist ein toller Spieler und Mensch, aber es gibt keine Bestrebungen und keine Kontakte, ihn zurückzuholen", sagte Kiels Geschäftsführerin Sabine Holdorf-Schust.

Wie Hansen und Andersson stehen auf einmal rund ein Dutzend Spitzen-Handballer auf der Straße. Das wird noch einmal entscheidenden Einfluss auf die Gehälter haben. Schon jetzt ist die Szene in Aufruhr, weil der spanische Markt zusammengebrochen ist und der deutsche schwächelt. Der HSV Hamburg hat dann auch schon abgewinkt. Der deutsche Ex-Meister will sich nicht aus der dänischen Konkursmasse bedienen. "Unser Kader ist voll", sagt Geschäftsführer Christoph Wendt.

Das Problem des Klubs ist indes ein anderes. Weil der HSV noch mehrere Spieler mit alten, weit höher dotierten Verträgen in seinen Reihen hat, ist der finanzielle Spielraum des auf rund acht Millionen Euro geschrumpften Etats ausgeschöpft. Bei neuen Abschlüssen müssen sich die Spieler heute auf Abstriche von 25 Prozent und mehr gefasst machen, weil Angebot und Nachfrage sich dramatisch Richtung Angebot verschoben haben. Das senkt die Preise. "Das grundsätzliche Dilemma ist doch, dass die Spieler für das, was sie leisten, viel zu wenig verdienen, aber immer noch zu viel für das, was sich die Klubs leisten können", sagt der neue HSV-Präsident Matthias Rudolph.

Allein drei Vereine bilden dabei derzeit eine Ausnahme: der FC Barcelona, Kiel und Paris Handball, der Ableger des Fußballklubs Paris St. Germain, den Scheichs aus Katar gerade aufpäppeln. Selbst dem dreimaligen Champions-League-Sieger Atlético Madrid, früher Ciudad Real, droht der Ausverkauf. Wichtige Spieler haben den spanischen Vizemeister bereits verlassen, und um Trainer Talant Dujshebaev buhlt weiter der HSV. Möglich wäre eine Verpflichtung zur Saison 2013/2014. Der jetzige Coach Martin Schwalb könnte dann als Sportdirektor in die Geschäftsführung des Vereins zurückkehren und das Scouting organisieren. "Dieser Bereich wird künftig immer wichtiger. Wir müssen die Talente frühzeitig entdecken, bevor sie für uns unbezahlbar werden", sagt Matthias Rudolph.