Nach der Niederlage in Kiel justieren die HSV-Handballer ihre Saisonziele neu. Priorität hat ein Startplatz in der Champions League.

Hamburg. Ein Gutes haben diese anstrengenden Wochen für die HSV-Handballer dann doch: Es fehlt schlicht die Zeit, sich lange mit der jüngsten Vergangenheit aufzuhalten. Trainer Per Carlén ersparte seinen Profis gestern die Videoaufzeichnung von der 25:30-Niederlage, die der deutsche Meister tags zuvor im Bundesliga-Spitzenspiel beim THW Kiel bezogen hatte. Vielleicht werde er heute ein paar Szenen nachreichen. Aber nur die guten. Die Selbstzweifel sind vor dem morgigen Achtelfinalspiel des DHB-Pokals bei den Rhein-Neckar-Löwen (20.45 Uhr/Sport1) schon groß genug. "Uns bleibt kaum Zeit, die Batterien wieder aufzuladen", klagt Carlén.

Binnen vier Tagen hat der HSV durch die erwartbare Niederlage in Kiel und die überraschende in Lübbecke (31:32) die Titelverteidigung aus der Hand gegeben. "Acht Minuspunkte Vorsprung werden sich die Kieler nicht mehr nehmen lassen, ihre Dominanz ist schon beeindruckend", sagt Bundestrainer Martin Heuberger. Die Füchse Berlin, mit 25:5 Punkten erster Verfolger des souveränen Tabellenführers THW (32:0), würden "auch noch Federn lassen". Die Restlaufzeit der Meisterschaft ist angebrochen.

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Sollte der HSV morgen in Mannheim auch die Teilnahme am Final-Four-Turnier Anfang Mai in der heimischen Arena verspielen, fiele die verbleibende Weihnachtszeit nicht sehr besinnlich aus. Die einstmals hochgesteckten Saisonziele würden sich auf das Erreichen eines Champions-League-Startplatzes reduzieren. Dafür müsste der HSV (22:8) seinen dritten Tabellenrang gegen die punktgleiche SG Flensburg-Handewitt und die Rhein-Neckar-Löwen (21:9) behaupten. Dass er in Europas Eliteklasse um den Titel mitspielen kann, ist nach den aktuellen Eindrücken nicht zu erwarten.

Indirekt hat Carlén seinen Fokus bereits justiert: "Das Erreichen der Champions League bleibt als Motivation wichtig für uns." Trotz der beiden Stolperer sieht der Schwede seine Mannschaft auf dem richtigen Weg. Man habe einen Rhythmus gefunden, das Rotationssystem habe auf allen Positionen gegriffen, das körperliche Befinden sei den Umständen entsprechend gut. Kurzum: Es gebe keinen Grund, in Aktionismus zu verfallen und alles infrage zu stellen. "Wir haben ein Superspiel verloren und in Lübbecke nicht gut gespielt", sagt Carlén, "aber wir sind immer noch dieselben Menschen wie vor einer Woche."

Spielraum böte nur ein Comeback von Michael Kraus. Der Spielmacher fehlte in Kiel auch als möglicher Siebenmeterschütze. Dass Hans Lindberg bei vier seiner acht Versuche scheiterte, nahm Carlén mit einem Tag Verspätung auch in seine Verantwortung: "Es war ganz klar, dass er es auch nach drei Fehlwürfen weiter versucht."

Offenbar hatte es der HSV versäumt, rechtzeitig eine Alternative zu erproben. In der Bundesliga hat Lindberg alle 58 Siebenmeter geworfen, 48 konnte er verwandeln. In den anderen Wettbewerben durften sich nur Stefan Schröder (einmal im DHB-Pokal) und Torsten Jansen (zweimal im Supercup) versuchen. An Lindbergs Fähigkeiten beim Strafwurf könne es laut Carlén aber keinen Zweifel geben.