Christoph Wendt, Geschäftsführer der HSV-Handballer, spricht im Interview über die Terminnot der Liga und die Verjüngung des Meisters.

Hamburg. Der Aufschwung der HSV-Handballer und die Karriere von Christoph Wendt, 37, weisen auffällige Parallelen auf. In der Anfangszeit 2005 für Organisation und Event zuständig, stieg er bald zum Geschäftsstellenleiter, später zum Prokuristen auf. Anfang der Saison wurde er neben Martin Schwalb zum Geschäftsführer des deutschen Meisters befördert. Im Interview blickt er über das heutige Spiel beim TBV Lemgo (20.15 Uhr/Sport1) hinaus.

Hamburger Abendblatt: Herr Wendt, im Gerry-Weber-Stadion in Halle werden am Mittwoch mindestens 2000 Plätze frei bleiben. Sind Sie enttäuscht?

Christoph Wendt: Ich bin jedenfalls nicht überrascht. Am Wochenende sähe das sicherlich anders aus. Wir treten deshalb für einen klaren Spielplan ein. Der Flickenteppich an Terminen ist für den Fan schwer nachzuvollziehen und für die Fernsehanstalten nicht planbar. Sonntags nehmen sich Eurosport mit der Champions League und Sport1 mit der Bundesliga sogar die Zuschauer weg. Wenn wir wieder vermehrt bei den reichweitenstarken Sendern Gehör finden und so neue Zielgruppen erschließen wollen, müssen wir die Topspiele ans Wochenende bekommen.

+++ HSV-Handballer erneut mehrere Wochen ohne Kraus +++

Sie waren vor Jahren mit "Liga 1" in den Dritten Programmen vertreten. Das Experiment ist offensichtlich gescheitert.

Wendt: Ich glaube eher, dass es die Problematik deutlich gemacht hat. Die Einschaltquoten waren zu Saisonbeginn gut, aber sie sanken mit Beginn der europäischen Wettbewerbe, weil die Spitzenvereine mehr nicht zu sehen waren. Die Fernsehsender sind durchaus am Handball interessiert. Aber solange wir keine klarere Spielplanstruktur haben, wird sich dieses Interesse in einem überschaubaren Rahmen halten.

Was wäre denn der Wunschtermin des HSV für die Bundesliga?

Wendt: Sonnabends, 19 Uhr. Wir wären auch mit jedem anderen Termin am Wochenende glücklich. Nach unseren Berechnungen kostet uns jedes Spiel, das unter der Woche stattfindet, 1500 bis 2000 Zuschauer. Vor allem Fans von außerhalb und die Kinder und Jugendlichen bleiben weg. Das können und wollen wir uns auf Dauer nicht leisten.

Ist der HSV nicht auch von der Belegung der O2 World abhängig?

Wendt: Bei langfristiger Planung muss das kein Problem sein. Lägen uns jetzt schon die Bundesligatermine für übernächste Saison vor, könnten wir sie in der Arena reservieren. Das käme auch dem Hallenbetreiber entgegen. Stattdessen müssen wir uns nach den Terminen des Weltverbands IHF und des Europaverbands EHF richten. Dass der Europacup am Wochenende stattfindet und die Liga werktags, gibt es übrigens in keiner vergleichbaren Sportart.

Warum ändert sich nichts?

Wendt: Sie müssen bedenken, dass die EHF in einigen Ländern TV-Verträge geschlossen hat, die an bestimme Anwurfzeiten gebunden sind. Wir sind nicht allein die Leidtragenden. Die Entwicklung der spanischen Liga ist sogar rückläufig. Die großen Klubs klammern sich zwar an den Strohhalm Champions League. Auf Dauer wird das nicht gut gehen. Die nationalen Ligen müssen auf ein vernünftiges Niveau gehoben werden. Sie sind die Basis.

Hat sich die deutsche Meisterschaft für den HSV finanziell ausgezahlt?

Wendt: Ein Titel öffnet die Geldbeutel nicht von selbst. Für Sponsoren hätten wir schon noch die eine oder andere Werbefläche frei, stehen auch in aussichtsreichen Gesprächen. Auch bei den Zuschauern ist das Potenzial nicht ausgeschöpft, wenngleich bei mehr als 10 000 nicht mehr die ganz großen Sprünge möglich sind. Unsere Fernseheinnahmen entwickeln sich gut, verglichen mit dem Fußball natürlich auf bescheidenem Niveau. Jeder Bundesligaklub ist mit etwa 65 000 Euro beteiligt.

Der HSV hat die älteste Mannschaft der Liga, viele Spieler wurden längerfristig gebunden, offenbar um den Frieden zu wahren. Wurde für die Meisterschaft die Zukunft geopfert?

Wendt: Sicher nicht. Auf absehbare Zeit wird die Mannschaft verjüngt werden, das ist ein natürlicher Prozess. Im Übrigen halten wir es wie Otto Rehhagel: Es gibt keine alten und jungen Spieler, es gibt nur gute und schlechte. Deshalb sprechen wir derzeit auch mit Torsten Jansen über eine Vertragsverlängerung.

Er ist 35. Mit dem Alter steigt aber doch die Verletzungsanfälligkeit.

Wendt: Das ist nur bedingt richtig. Oscar Carlén ist der traurige Gegenbeweis. Er ist erst 23, hat sich aber gerade zum dritten Mal das Kreuzband gerissen.

Finanziell ist der HSV noch immer von Hauptgesellschafter Andreas Rudolph abhängig. Wie verlässlich ist dieses Engagement, das nur von Jahr zu Jahr gilt?

Wendt: Er wird auf absehbare Zeit am Ball bleiben. Den Sponsoringvertrag mit ihm für kommende Saison hoffen wir im Januar abschließen zu können.