HSV-Männer starten als Favorit, Buxtehudes Frauen als Außenseiter in die Handball-Eliteklasse. Von einer Kooperation sollen beide profitieren

Hamburg. Seine Rückkehr wird nicht nur angenehm ausfallen, da macht sich Dimitri Torgowanow nichts vor. Wenn die Zeit es erlaubt, will der Trainer des HC Universität Lesgaft-Newa St. Petersburg die "vielen guten Freunde" in der Mannschaft des HSV Hamburg und andere Wegbegleiter aus seinen beiden Profijahren beim deutschen Handballmeister treffen. Das eigentliche Ziel der Reise aber, das morgige Champions-League-Spiel in der Sporthalle Hamburg (19 Uhr/Eurosport), könnte für sein Team zu einem Abenteuer mit unschönem Ausgang werden. "Der Leistungsunterschied zu dieser Weltauswahl ist doch schon groß", fürchtet Torgowanow, 39, "wir müssen aus solchen Spielen lernen."

Dieser Satz könnte genauso gut von Dirk Leun kommen. Der Trainer des Buxtehuder SV steht tags darauf an gleicher Stelle vor einer doppelten Premiere: Das Spiel gegen den rumänischen Spitzenklub CS Ramnicu Valcea (19 Uhr), 48 Stunden nach dem heutigen Bundesligaspiel in Leipzig, ist nicht nur der erste Auftritt des deutschen Vizemeisters in der Champions League, sondern auch das erste Heimspiel der Vereinsgeschichte im nahen Hamburg.

Die heimische Halle Nord erfüllt die Anforderungen des europäischen Verbandes EHF nicht. Diese sehen unter anderen vor, dass sich an beiden Längsseiten Zuschauerränge befinden müssen - der TV-Bilder wegen. "Dabei werden unsere Heimspiele nicht einmal im deutschen Fernsehen übertragen, sondern nur im europäischen Ausland", sagt Peter Prior. Allenfalls auf einen Kurzbericht im NDR darf der BSV-Manager hoffen, live ist die Premiere nur im Internet (ehftv.com sowie voraussichtlich bsv-live.tv) zu sehen.

Für Prior ist die Champions League auch ein finanzielles Abenteuer: "Wir werden da mit einem hohen Fehlbetrag rausgehen." Nur 10 000 Euro bekommt jeder Vorrundenteilnehmer von der EHF ausgeschüttet. Zum Vergleich: Ein Männerklub kann in der Gruppenphase bis zu 80 000 Euro Prämien verdienen.

Umso dankbarer nahm Prior die Unterstützung des weitaus potenteren HSV an. Die Hamburger bereiten den BSV-Frauen gleichsam den Boden: So kann Buxtehude am Freitag die blaue Champions-League-Spielfläche des HSV vom Vortag nutzen. Für die beiden weiteren Termine hat der BSV die unmittelbare Nähe zum großen Nachbarn gesucht: Die Partie gegen Wolgograd am 16. Oktober findet im Anschluss an das HSV-Spiel gegen Skopje statt, die gegen Navarra am 29. Oktober ist das Vorspiel zur Hamburger Bundesligapartie gegen Balingen-Weilstetten in der O2 World.

"Dort einmal zu spielen war immer so ein Traum von uns", sagt Prior, "er wäre ohne die große Kooperationsbereitschaft des HSV sicher nicht so bald in Erfüllung gegangen." Die 13 000-Zuschauer-Halle allein angemessen zu füllen traut man sich in Buxtehude dann doch nicht zu. Entsprechend zurückhaltend ist die Vermarktung der zwei gemeinsamen Spieltage geregelt: Nur die Einnahmen aus den Tickets, die die Buxtehuder selbst verkaufen, dürfen sie behalten, der Rest verbleibt beim HSV.

"Dafür sparen wir enorm an der Organisation", sagt Prior. Um das größte Risiko abzusichern, hätten die Geldgeber des Klubs eine Ausfallbürgschaft übernommen. Das Dilemma führe aber auch allen vor Augen, wie notwendig der geplante Hallenneubau in Buxtehude sei. Im besten Fall könnte schon im Frühjahr der Grundstein gelegt werden.

Mittelfristig, so hofft Prior, könnte sich das teure Gastspiel für seinen Verein aber auszahlen, der trotz der Zugehörigkeit zum Hamburger Verband in der Hansestadt selbst wenig verwurzelt ist. Seit einiger Zeit versucht der Manager deshalb, nördlich der Elbe Sponsoren und Anhänger zu gewinnen.

Den Interessen des HSV dürfte der Champions-League-Doppelpass ebenfalls entgegenkommen. "Buxtehude wird sicher auch einige Fans zu uns mitbringen", sagt Geschäftsführer Christoph Wendt. Für die Hallenauslastung zumal in der Champions League kann das nur förderlich sein. Gegen St. Petersburg erwartet Wendt nur wenig mehr als 2000 Zuschauer: "Leider fehlen bei unseren Gruppengegnern die bekannten Namen, das spiegelt sich im Kartenverkauf natürlich wider." Der HSV tritt deshalb seit Längerem für eine Reduzierung der Champions League ein, was auch den vollen Terminkalender entzerren helfen würde.

In Buxtehude rechnen sie eher nicht damit, dass zu den Gruppenspielen noch weitere hinzukommen. "Wir sind in dieser Klasse nur Lehrlinge", sagt Prior. Für die Entwicklung der Mannschaft aber seien die zu erwartenden sechs Lehrstunden wichtig: "Das macht uns erfahrener und stärker." Und in Hamburg womöglich noch ein bisschen beliebter.