Durch die Verletzung des Polen ist beim deutschen Handballmeister der rechte Rückraum verwaist

Hamburg. Als sich seine HSV-Handball-Kollegen gestern Nachmittag auf das Training vorbereiteten, war Marcin Lijewski bereits auf dem Flug nach Frankfurt. Die Reise war kurzfristig gebucht worden und hatte keinen erfreulichen Anlass. Im rechten Sprunggelenk des Polen hatten die Ärzte bei einer Untersuchung am Vortag mehrere freie Gelenkkörper gefunden. Damit hatte Lijewski endlich Gewissheit über die Ursache seiner anhaltenden Beschwerden, die ihn schon seit Saisonbeginn bei der Arbeit behinderten. Aber eben auch darüber, dass eine Operation unausweichlich ist.

Der Gelenkspezialist Markus Preis und Mannschaftsarzt Oliver Dierk werden den Eingriff heute in Wiesbaden gemeinsam vornehmen. Für sechs bis acht Wochen, schätzt Dierk, wird Trainer Per Carlén ohne den Halbrechten auskommen müssen.

Für den deutschen Meister ist es der größte anzunehmende Ausfall. Neuerwerbung Oscar Carlén, der Trainersohn und Einzige, der Lijewski ersetzen könnte, befindet sich nach einem Kreuzbandriss noch im Aufbautraining, mit seinem HSV-Debüt wird erst für Mitte Oktober gerechnet. "Gute Nachrichten sind das sicher nicht. Wir müssen es aber trotzdem nehmen, wie es kommt, und hoffen, dass Marcin und Oscar uns so schnell wie möglich wieder zur Verfügung stehen", sagte HSV-Präsident Martin Schwalb.

Die Frage ist, ob der HSV so lange warten kann. Schon beim Heimspiel gegen Aufsteiger Hildesheim am vergangenen Sonntag (34:28) wurde Lijewskis Ausfall mehr schlecht als recht kompensiert. Domagoj Duvnjak, Guillaume Gille, Blazenko Lackovic, egal welcher Rechtshänder sich im rechten Rückraum versuchte, er sah nach einem Fremdkörper aus. Und Michael Kraus, der in der vergangenen Saison einige Male eingesprungen war, ist nach einem Autounfall noch keine Alternative: Der Spielmacher kann sein lädiertes Knie bislang nur beim Fahrradfahren belasten.

Im Zweitrunden-Pokalspiel beim Oberligisten HSG Gütersloh heute Abend will Trainer Carlén die Lücke auf seinem Spielberichtsbogen mit Johann D. Starck und Martin Stumps aus der zweiten Mannschaft füllen. Doch schon das Punktspiel beim VfL Gummersbach am kommenden Sonnabend dürfte sie überfordern. Als kritisch wird zudem das Heimspiel gegen Carléns und Lijewskis früheren Klub SG Flensburg-Handewitt am 11. Oktober bewertet. Einen weiteren vermeidbaren Punktverlust kann sich der HSV nach den Niederlagen in Berlin und Mannheim kaum mehr leisten, soll das Klassenziel Titelverteidigung nicht frühzeitig abgeschrieben werden.

Entsprechend nachdrücklich dürfte Carlén seine Forderung nach Verstärkung bei der Vereinsspitze vortragen. Anders als im Fußball, wo die Transferperiode bereits beendet ist, sind Wechsel innerhalb der Bundesliga noch bis zum 15. Februar möglich. Die Zeit drängt trotzdem. Für einen Einsatz in der Champions-League-Gruppenphase müsste ein neuer Spieler bis kommenden Dienstag gemeldet werden.

"Aber wir würden nur dann aktiv, wenn der Spieler einhundertprozentig zu uns passt", sagt Geschäftsführer Christoph Wendt. Am ehesten dürfte Adrian Pfahl dieses Anforderungsprofil erfüllen. Der Gummersbacher Nationalspieler und der HSV zeigen bereits seit einiger Zeit lebhaftes Interesse aneinander. Ihn aus seinem bis 2013 laufenden Vertrag loszueisen dürfte allerdings sehr teuer werden. "Sein Verbleib ist für uns fast überlebenswichtig", sagt VfL-Pressesprecher Thomas Hellwege.

Als Alternative werden zwei Altstars gehandelt. Bundesliga-Rekordtorschütze Kyung-Shin Yoon, 38, von 2006 bis 2008 in Diensten des HSV, schloss eine Rückkehr auf Zeit nicht aus. Und der frühere Magdeburger Joel Abati, 41, half zuletzt dem SC DHfK Leipzig beim Aufstieg in die Zweite Liga.