Auf dem Weg zur Titelverteidigung geraten die HSV-Handballer bei den Füchsen Berlin mit 25:26 ins Stolpern

Berlin. Das Motto der Partie prangte in großen Buchstaben auf der Anzeigentafel der Berliner Max-Schmeling-Halle: Die Schonzeit ist vorbei. Eine Maxime, die nicht nur für die Füchse galt, die gestern Abend ihr erstes Heimspiel der Saison feierten, sondern auch für die Gäste aus Hamburg, die mit viel Zuversicht und einer großen Portion Selbstvertrauen in die Hauptstadt gereist waren. Die Mannschaft von Trainer Per Carlén hatte sich fest vorgenommen, vor allem in der Abwehr richtig zuzupacken und den Füchsen nur wenige Torchancen einzuräumen. "Wir müssen das schnelle Spiel unterbinden, unsere Abwehr und auch das Rückzugsverhalten werden sicherlich eine Schlüsselrolle spielen", hatten Carlén noch am Freitag gemahnt, als er seine Mannschaft abermals verschiedene Abwehrübungen absolvieren ließ.

Paradoxerweise war es jedoch nicht die Defensivleistung des HSV, die die Hanseaten gestern den Sieg kostete, sondern insbesondere die magere Ausbeute im Angriff. In einem kampfbetonten Spiel unterlagen die Hamburger den Füchsen knapp mit 25:26 (13:14). Dabei hatte alles so gut angefangen.

Gleich zu Beginn der ersten Halbzeit gingen die Hamburger durch Treffer von Hans Lindberg und Marcin Lijewski in Führung. Keeper Dan Beutler, für dessen Einsatz sich Carlén erst kurz vor der Partie entschieden hatte, parierte zudem drei Würfe der Füchse, davon einen Siebenmeter, sodass der HSV nach fünf Minuten mit 2:0 führte und die zuletzt stets verschlafene Anfangsphase für sich zu nutzen wusste.

Technische Fehler und überhastete Würfe brachten die Berliner allerdings schnell zurück ins Spiel. Nach acht Minuten glich Linksaußen Ivan Nincevic durch einen Tempogegenstoß zum 4:4-Unentschieden aus. Überhaupt waren es die Gegenstöße, von denen die Füchse in der ersten Hälfte immer wieder profitieren konnten. Die Hamburger wirkten dagegen meist kraft- und ideenlos, konnten der offensiven 5:1-Deckung der Berliner nur wenig entgegenstellen. Einzig Hans Lindberg setzte mit sieben Treffern (davon ein Siebenmeter) entscheidende Akzente im Angriffsspiel. Doch auch der Däne konnte nicht verhindern, dass die Füchse in der 20. Minute durch einen weiteren Gegenstoß von Nachwuchstalent Colja Löffler erstmals mit 10:9 in Führung gingen und diese bis zur Pause auch nicht mehr hergaben.

In der zweiten Halbzeit agierten die Hamburger zunächst weiter unkonzentriert, sodass die Füchse in der 39. Minute sogar mit drei Toren vorn lagen. "Wir haben im Angriff einfach nicht gut gespielt, waren zeitweise viel zu statisch", resümierte HSV-Torwart Johannes Bitter. Dem Kampfgeist der Hamburger war es schließlich zu verdanken, dass sie den Rückstand auf die Mannschaft von Dagur Sigurdsson nicht zu groß werden ließen und in der 51. Minute durch einen Gegenstoß von Bertrand Gille sogar mit 22:21 in Führung gingen. "In den letzten Minuten haben dann Nuancen entschieden", sagte der nach Spielende sichtlich geknickte Carlén.

Noch 50 Sekunden vor Schluss hatte der HSV die Chance zum 26:26. Doch ausgerechnet der starke Lindberg verwarf auf Rechtsaußen aus spitzem Winkel. 8126 Zuschauer peitschten die Füchse noch einmal nach vorne - aber auch Ivan Nincevic wollte nicht für die Entscheidung sorgen, scheiterte bei einem Wurf von Linksaußen an dem inzwischen eingewechselten Bitter. Sieben Sekunden vor Schluss war es dann Pascal Hens, der abermals die Möglichkeit zum Ausgleich hatte, aber ebenfalls nicht einnetzen konnte.

"Wir müssen das Spiel nun abhaken, auch wenn es sicherlich eine schlaflose Nacht geben wird", sagte Carlén nach dem Spiel. Genug Zeit für die Fehleranalyse hatten die Hamburger bereits auf dem Heimweg. Mit dem neu verzierten HSV-Bus machte sich das Team direkt nach dem Spiel auf den Weg in den Norden. "Deutscher Meister" steht in großen Lettern auf dem Fahrzeug geschrieben. Eine Erinnerung an die Erfolge der vergangenen Saison. Aber auch ein mahnendes Zeichen im Hinblick auf die aktuelle Zielvorgabe.

Sie lautet Titelverteidigung. Und könnte bereits am Mittwoch in Gefahr geraten. Dann wartet ein weiteres Schwergewicht in der Bundesliga auf den HSV. Das Team von Per Carlén muss bei den Rhein-Neckar Löwen in Mannheim antreten. Es könnte ein für die Meisterschaft entscheidendes Duell werden. "Wir müssen uns jetzt voll darauf fokussieren. Ich bin heiß auf das Duell", sagte Carlén. Ein weiterer Punktverlust würde die Hamburger schmerzlich treffen - und vielleicht auch die Träume auf den Verbleib der Schale an der Elbe begraben.

Tore, Berlin: Nincevic 7 (2 Siebenmeter), Petersson 6, Christophersen 3, Sellin 3, Jaszka 2, Romero 2 (1), Laen 2, Löffler 1; HSV: Lindberg 11 (2), Duvnjak 5, Lijewski 3, Lackovic 2, Vori 2, B. Gille 1, G. Gille 1. Schiedsrichter: Geipel/Helbig (Teutschenthal/Landsberg). Zuschauer: 8126. Strafzeiten: 1; 1.