Ein Kommentar von Rainer Grünberg

Experten, Buchmacher und der Bundestrainer sind sich einig: Deutscher Meister 2012 wird der HSV - oder der THW Kiel. Alles andere wäre in der Tat eine Überraschung, und die sind im Handball doch eher selten. Kiel und Hamburg geben in der Bundesliga seit Jahren das meiste Geld für ihre Mannschaften aus. Das hat sich bislang immer ausgezahlt.

Sieben Punkte Vorsprung hatte der HSV am Ende der vergangenen Serie bei seinem ersten Titelgewinn vor dem THW Kiel. Das wird sich mit großer Wahrscheinlichkeit nicht wiederholen, sollten beide Team halbwegs gesund durch die Spielzeit kommen. Dass der HSV die älteste Mannschaft der Liga stellt, damit tendenziell verletzungsanfälliger als die Konkurrenz ist, könnte sich als Nachteil erweisen. Trainer Per Carlén ist auch deshalb nach Hamburg geholt worden, um das Team in den nächsten Jahren systematisch zu verjüngen. Weil die meisten HSV-Profis langfristige Verträge haben, dürfte das ein schwieriger Prozess mit ungewissem Ausgang werden.

Die jüngsten personellen Wechsel im Verein sollten dagegen keinen Einfluss auf die Leistungen nehmen. Strukturen und Machtverhältnisse haben sich nicht verändert, allein die Positionen. Andreas Rudolph firmiert nicht mehr als Vereinspräsident, als Hauptsponsor und Mäzen bleibt der Medizinunternehmer jedoch der mächtigste Mann der HSV-Handballer. Mit 74,9 Prozent ist er zudem Mehrheitseigner der Mannschaft. Präsidium und Aufsichtsrat sind damit weiter auf sein Wohlwollen angewiesen. Das ist mitunter kein Vergnügen, bei einer Etatunterdeckung von rund zwei Millionen Euro aber alternativlos. Wer Meister werden will, muss eben auch bereit sein, Opfer zu bringen.