Die Hamburger erreichten durch ein 35:33 in Valladolid das Viertelfinale der Champions League. Verdacht auf Bänderriss bei Marcin Lijewski.

Valladolid. "Hier regiert der HSV", skandierten am Ende 30 Hamburger Handballfans, und in den letzten Minuten des Achtelfinalrückspiels der Champions League war in Valladolid ihr Sprechgesang auch deutlich zu vernehmen. Der Bundesliga-Tabellenführer hatte sich im mit 6800 Zuschauern voll besetzten Pabellón Polideportivo Pisuerga als Stimmungstöter erwiesen. 35:33 (19:16) gewannen die Hamburger nach dem 28:22-Sieg im Hinspiel in Kastilien und stehen damit zum vierten Mal in Folge im Viertelfinale.

Das wird heute um 18.30 Uhr in Wien ausgelost, live bei ehftv.com. Die vier möglichen Gegner des HSV sind Titelverteidiger Kiel, Ciudad Real (Spanien), Medwedi Moskau und Frankreichs Meister Montpellier. Das Hinspiel in der O2 World wird wohl über Ostern am 23. oder 24. April ausgetragen, das Rückspiel eine Woche später. "Alle wünschen sich ja Moskau", meinte HSV-Rechtsaußen Hans Lindberg, "doch wir sollten uns nicht täuschen. Es gibt keine leichten Gegner mehr."

Ein Rückspiel, das man nicht hoch verlieren darf, versucht man am besten zu gewinnen, hatte Trainer Martin Schwalb seiner Mannschaft mitgegeben. Entsprechend konzentriert starteten die Hamburger. Und im Gegensatz zu den zahlreichen Nachlässigkeiten im Hinspiel führten sie diesmal ihre Aktionen mit der nötigen Konsequenz und Übersicht durch. Die Wurfquote war dann auch beeindruckend: 35 Treffer bei 42 Versuchen (81 Prozent). Valladolids Torhüter Tomas Svensson, 43, der ehemalige HSV-Profi, der vor zehn Tagen in der Sporthalle Hamburg 60 Minuten lang hatte zuschauen müssen, blieb auch in heimischer Umgebung weitgehend die Rolle des Beobachters. Zweimal bekam der Schwede seine Hände in der Anfangsphase an den Ball, insgesamt nur fünfmal, nach 17 Minuten musste er beim Stand von 9:7 für den HSV seinen Arbeitsplatz für José Manuel Sierra räumen. Dem gelang noch weniger, und als er die Bälle in schöner Regelmäßigkeit aus dem Netz holte, ließ seine Körpersprache erahnen, dass er die erhoffte Aufholjagd abgeschrieben hatte.

Woher sollten die Spanier auch ihre Hoffnung ziehen? Die aggressive Deckung des HSV störte gezielt den Kombinationsfluss Valladolids, und auf der Gegenseite trafen Marcin Lijewski und Torsten Jansen mit höchster Präzision. 19:16 führte der HSV zur Halbzeit. Alles schien gelaufen. Wer Handball kennt, weiß, dass dem nicht so ist. Die Hamburger ließen plötzlich Lücken in ihrer Deckungsformation, während im Angriff die Genauigkeit bei Pässen und Würfen kurz abhandenkam. Valladolid glich in der 36. Minuten zum 21:21 aus, im Gegenzug parierte der ins Tor zurückgekehrte Svensson einen Siebenmeter Lindbergs, und Óscar Perales warf den Tabellendritten der spanischen Liga Asobal 45 Sekunden später zum ersten Mal in Führung. Das Publikum, in gelben Vereins-T-Shirts gekleidet, fand nach zwischenzeitlicher Ruhepause wieder hörbaren Spaß am Spiel, wie jene Mannschaft, die von ihnen enthusiastisch angefeuert wurde.

"Wir brauchten in der zweiten Halbzeit ein Wunder", sagte Valladolids Trainer Juan Carlos Pastor hinterher, "und wir waren dran, eins zu vollbringen." Nun, ganz so weit waren die Spanier nie. Mehr als zwei Tore betrug ihre Führung selbst in ihrer effektivsten Periode zwischen der 40. und 50. Minute nicht, "weil wir in kritischen Momenten immer unseren Rhythmus beibehalten und an uns geglaubt haben", sagte Schwalb. Acht Minuten vor Schluss beendete Lindberg nach einem schnellen Gegenstoß mit dem Treffer zum 30:29 für den HSV endgültig alle Illusionen der Iberer. "Wir waren sehr fokussiert, doch 60 Minuten lang kannst du dieses Niveau nicht halten", meinte der Däne nach dem Duschen. 50 Minuten reichten vollkommen.

Bereits am Mittwoch wartet auf den HSV die nächste große Aufgabe. Bei der SG Flensburg-Handewitt will der Spitzenreiter seinen Vorsprung in der Tabelle behaupten. Verzichten muss Trainer Martin Schwalb dabei womöglich auf Marcin Lijewski. Der Pole knickte beim Spiel in Valldolid um und humpelte am Montagmorgen durch das Hotel in Madrid. "Es sieht nicht gut aus", sagte Lijewski, der mit Verdacht auf Bänderriss am Abend nach dem Heimflug in Hamburg untersucht werden soll. Eine Kernspin soll Aufklärung über die Schwere der Verletzung geben. Während der Rückraumschütze gegen Flensburg ausfallen dürfte, ist der Einsatz von Igor Vori nicht gefährdet. Der Kreisläufer klagte am Sonntag über Rückenschmerzen.

Tore, Valladolid: Tvedten 9 (6 Siebenmeter), Gurbindo 6, Perales 5, Krivokapic 4, Alonso 3, Fernandez 2, Antonio 2, Bilbija 1, Cutura 1; Hamburg: Lindberg 8 (2), Jansen 7, Duvnjak 6, M. Lijewski 6, Lackovic 3, B. Gille 2, K. Lijewski 1, Flohr 1, Vori 1. Schiedsrichter: Nikolic/Stojkovic (Serbien). Zuschauer: 6800. Zeitstrafen: 3; 7.