Der Spielmacher der HSV-Handballer soll am Dienstag (20.15 Uhr im Liveticker auf abendblatt.de) das Duell gegen den THW Kiel entscheiden.

Hamburg. Eine Frage hat Christian Fitzek, der Sportchef der HSV-Handballer, in den vergangenen Tagen immer wieder beantworten müssen: Warum sollte dem HSV diesmal ein Sieg gegen den THW Kiel gelingen? Weil wir endlich mal dran sind, hat Fitzek dann geantwortet, und es schwang dabei nicht nur Trotz, sondern auch viel Überzeugung in seiner Stimme mit. Morgen, 20.15 Uhr, live bei Sport1, ist es in der ausverkauften O2 World erneut soweit: HSV gegen Kiel, Vizemeister gegen Meister, das Duell zweier der besten Handballmannschaften der Welt. Vor einem halben Jahr entschied die 31:33-Niederlage der Hamburger den Titelkampf. "Jetzt ist es nur ein wichtiges, jedoch kein entscheidendes Spiel", sagt HSV-Trainer Martin Schwalb, da es in dieser Saison keinen Zweikampf, "eher einen Drei- oder Vierkampf" um die Meisterschaft geben werde.

Der bisher einzige Heimsieg des HSV über die Kieler liegt inzwischen sieben Jahre und acht Monate zurück. In seiner ersten Bundesligasaison gewann der HSV am 8. Februar 2003 gegen den THW 30:29. Danach folgten sechs Pleiten, unterbrochen 2008 von einem 36:36-Unentschieden. "Das ist alles Geschichte", sagt Schwalb, "wir haben uns weiterentwickelt und gehen morgen gut gerüstet mit viel Selbstvertrauen und breiter Brust in die Begegnung. Es wird wieder ein ganz enges Spiel, darauf sind wir eingestellt." Die Mannschaft sei in ihrem Auftreten psychisch weit stabiler geworden, meint Fitzek, "sie hat inzwischen gelernt, durch Täler zu gehen und gestärkt aus ihnen herauszukommen".

Einer, der die für den HSV schmerzliche Vergangenheit nur aus der Ferne kennt, ist Michael Kraus, 26. Der neue Spielmacher der Hamburger hat seine eigene Geschichte mit dem THW Kiel. Es ist eine Erfolgsstory. Mit seinem alten Klub TBV Lemgo bezwang er die Kieler vor heimischer Kulisse in den vergangenen zwei Jahren zweimal, war in beiden Spielen bester Torschütze seiner Mannschaft. "Mimi Kraus", sagt Fitzek, "ist ein wichtiger Faktor gegen den THW, er ist unsere 'Geheimwaffe'. Einer wie er hat uns in der letzten Saison gefehlt." Kraus' Stärken, sein schneller Antritt, sein fast ansatzloser, knallharter Wurf aus dem Rückraum, seine Durchsetzungsfähigkeit in Eins-zu-eins-Situationen, bieten dem HSV-Angriff mehr Variationsmöglichkeiten. Bereits beim 27:26-Supercupsieg des HSV gegen Kiel am 24. August in München deutete Kraus an, dass er es ist, der am Ende den Unterschied zwischen Vize und Meister ausmachen könnte.

Kraus weiß um diese Erwartungen, aber er sagt auch: "Wenn du mit Lemgo gegen Kiel spielst, hast du nichts zu verlieren, höchstens ein Spiel. Wenn du als HSV gegen Kiel spielst, geht es um alles, für beide Seiten. Diese Spiele haben Finalcharakter. Das macht sie mental so schwer." Es sind jedoch nicht nur Kraus' sportliche Qualitäten, die dem HSV neue Impulse geben, es ist ebenso seine Mentalität, positiv zu denken, Fehlwürfe abzuhaken und sich auf die nächste Aktion konzentrieren zu können. Das gelang seinen Mitspielern in der Vergangenheit nicht immer.

Es mag genau dieser Punkt sein, warum die Kieler noch diesen Tick besser und damit in der Konsequenz erfolgreicher sind als der HSV. Ein Hinweis ist die erneut bessere Tordifferenz des Rekordmeisters, die nach elf Spieltagen 30 Treffer beträgt. "Auch in diesem Bereich haben wir Fortschritte gemacht", sagt HSV-Trainer Schwalb, "wir beklagen allerdings weiterhin Phasen im Spiel, in denen wir die letzte Zielstrebigkeit vermissen lassen."

Probleme dieser Art kennt man in Kiel nicht. Die Gelassenheit der Erfolgreichen zeichne die Mannschaft aus, meint Nationallinksaußen Dominik Klein: "Wenn du es immer geschafft hast, Meister zu werden, zweifelst du nicht daran, dass es dir auch diesmal wieder gelingt. Das gibt dir in den entscheidenden Momenten die nötige Selbstsicherheit." Die, das sagt Klein nicht, muss sich der HSV noch erarbeiten. Er kann morgen damit anfangen.