Präsident Rudolph lobt seine HSV-Handballer nach dem 31:27 über die Füchse Berlin

Hamburg. Als die schwere Eisentür zum Innenleben der O2 World ins Schloss fällt und der Lärm der 13 171 Zuschauer nur noch ein dumpfes Rauschen ist, werden aus Gegnern wieder Menschen. Torsten Jansen, der Linksaußen des HSV, und der Berliner Torwart Silvio Heinevetter, die sich auf dem Feld nach einem Zusammenprall noch ein wildes Wortgefecht lieferten, feixen in den Katakomben wie alte Freunde. Und der Hamburger Trainer Martin Schwalb, dessen Anspannung sich eben noch in beinahe wütenden Jubelposen entlud, hat sein mildes Lächeln wiedergefunden. Es hatte in den Tagen zuvor gequält gewirkt, zermürbt von den Giftpfeilen, die der Berliner Manager Bob Hanning in Richtung HSV gefeuert hatte. Aber nun hatte ja jeder gesehen, wie es um die Kräfteverhältnisse in der stärksten Handballliga der Welt wirklich steht. Mit 31:27 (16:13) hat Schwalbs Mannschaft die Füchse nach sieben Siegen das Verlieren gelehrt und von der Tabellenspitze gestürzt. Sie ist wie die Fußballer zum Serienkiller geworden, und das auf eine Weise, die Präsident Andreas Rudolph mit großer Genugtuung zur Kenntnis nahm: "Unsere kämpferische Einstellung war sehr überzeugend. Die Mannschaft hat gezeigt, wozu sie in der Lage ist." Das war zuletzt nicht immer so.

An die verzagten Champions-League-Spiele der vergangenen Wochen erinnerte nichts mehr. Nicht dass Schwalb etwas grundlegend anders gemacht hätte als beim etwas mühseligen Heimsieg gegen Sävehof drei Tage zuvor. Wieder vertraute er auf die defensive Sechs-null-Deckung. Aber diesmal gab sie ihm "von Anfang an ein sehr gutes Gefühl", weil seine Spieler stets jenen Schritt mehr gingen, der ein kleiner ist, aber oftmals ein großer zum Sieg. Beinahe verzweifelt suchten die Berliner Rückraumschützen einen Weg vorbei am Hamburger Mittelblock, in dem Domagoj Duvnjak und Guillaume Gille "großen Sport zeigten", wie Schwalb anerkannte. Die Ballgewinne, die sich fast zwangsweise ergaben, eröffneten seiner Offensive den Spielraum zum Kontern.

Schnell führte der HSV mit 4:1 (5. Minute) und gab den Vorteil nie mehr aus der Hand. Womöglich hätte man das Spiel schon in der ersten Halbzeit entscheiden können, doch dafür hätten die Wurfquote von Spielmacher Michael Kraus (zwei von sechs) und die Fangquote von Torwart Johannes Bitter (zwei von neun) höher ausfallen müssen. Statt ihrer setzte Schwalb nach etwa 20 Minuten Duvnjak und Per Sandström ein, und beide zahlten das Vertrauen in Toren und Paraden zurück. "Sandström hat heute den Unterschied ausgemacht", sagte Hanning.

Und so war es am Ende einmal nicht nur der seit Wochen prächtig aufspielende Lackovic, der mit sich zufrieden sein konnte: "Wenn wir so weitermachen, sind wir auf dem richtigen Weg." Ebendas wird wohl die schwierigste Aufgabe für Schwalb sein: die Leistung seiner Mannschaft von Wechsel- auf Gleichstrom umzustellen. Auf den Trainer machten seine Spieler gestern "einen sehr ausgereiften Eindruck. Aber diese technische und taktische Klasse muss mit der nötigen Aggressivität gepaart sein." Sie herauszukitzeln wird nicht immer so leichtfallen, wie wenn es gegen den Tabellenführer geht und die Halle ausverkauft ist. Das Pokalspiel am Mittwoch beim Zweitligisten Rostock und die Partie am Sonntag beim Tabellenletzten Melsungen dürften für längere Zeit die letzten bleiben, in denen der Cupsieger auch mit halber Kraft zum Ziel kommt. "Alle drei Tage an die Naht zu gehen ist nicht einfach", weiß Schwalb. Aber es ist wohl der einzig gangbare Weg.

Tore, Hamburg: M. Lijewski 7, Lindberg 6 (3 Siebenmeter), Lackovic 5, Duvnjak 5, Kraus 2, Hens 2, B. Gille 1, G. Gille 1, Jansen 1, Vori 1; Berlin: Christophersen 7, Nincevic 7 (5), Richwien 4, Jaszka 4, Wilczynski 3, Laen 1, Petersson 1. Schiedsrichter: Damian/Wenz (Bingen/Mainz). Zeitstrafen: 5; 2.