Weil Madrid in Finanznot steckt, könnten Hamburgs Handballer bald ihren Wunschtrainer bekommen - und vier Spieler

Hamburg. Es waren dramatische Worte, die die Handballspieler von Atlético Madrid am Dienstagabend zu hören bekamen. Die finanzielle Lage, so wurde ihnen mitgeteilt, sei angespannt, die Zukunft noch nicht gesichert. Wer nicht auf eine Lösung des Problems warten wolle, möge den Klub verlassen - zur Not auch ablösefrei.

Was sich in den vergangenen Wochen angedeutet hatte, scheint nun konkret zu werden: Das ehrgeizige Projekt Atlético steht nach nicht einmal einem Jahr vor dem Aus. Offenbar konnte der Klub, der an seinem früheren Provinzstandort Ciudad Real fünfmal die spanische Meisterschaft und dreimal die Champions League gewinnen konnte, auch in der Hauptstadt nicht die nötigen Geldquellen erschließen, um sein teures Star-Ensemble weiterhin finanzieren zu können.

Beim HSV Hamburg hat man diesen Ernstfall bereits seit Längerem einkalkuliert. Der deutsche Meister könnte der große Nutznießer sein, sollte Atlético wie erwartet kollabieren. Er könnte Erfolgstrainer Talant Dujshebaev und mehrere Topspieler vergleichsweise kostengünstig für die kommende Saison abgreifen.

Mit Dujshebaev, 43, hat sich der HSV nach Abendblatt-Informationen längst auf einen Vertrag geeinigt. Offiziell waren die Verhandlungen zwar Anfang Februar auf Eis gelegt worden. Tatsächlich scheint es nur noch darum zu gehen, wann die schriftlich bereits fixierten Abmachungen wirksam werden. Möglicherweise wollte Dujshebaev das Projekt Atlético nicht zusätzlich dadurch gefährden, seinen Abgang frühzeitig anzukündigen. Allerdings ließ HSV-Mäzen Andreas Rudolph zuletzt auch offen, in welchem Umfang er sein Engagement fortsetzt.

Sehr wahrscheinlich ist, dass der zweimalige Welthandballer Dujshebaev nicht allein nach Hamburg kommen würde. Als mögliche neue HSV-Spieler werden wie bereits berichtet der spanisch-serbische Torhüter Arpad Sterbik, der spanische Kreisläufer Julen Aguinagalde und der schwedische Linksaußen Jonas Källman gehandelt. Auch ein Wechsel von Kiril Lazarov ist nicht auszuschließen. HSV-Meistertrainer Martin Schwalb ist von dem mazedonischen Star-Linkshänder zwar nicht überzeugt. Sein potenzieller Nachfolger Dujshebaev offenbar schon. Rückraummann Lazarov, 31, verlängerte seinen Vertrag erst kürzlich bis 2014.

Das Szenario würde auch erklären, warum sich der HSV bei seinen Personalplanungen für die kommende Saison bisher auffallend passiv verhielt. So wurde Marcin Lijewski trotz auslaufenden Vertrages weder ein konkretes Angebot unterbreitet noch eine klare Absage erteilt. Lijewski, 34, bekleidet seit 2008 die halbrechte Lazarov-Position. Auch Linksaußen Torsten Jansen, 35, konnte sich mit dem HSV bisher nicht auf eine Verlängerung einigen. Womöglich will man Dujshebaev die Möglichkeit offen halten, den fünf Jahre jüngeren Källman mitzubringen.

Ob und wie es in Madrid weitergeht, dürfte sich schon in den kommenden Tagen entscheiden. Der Klubmäzen, Baulöwe Domingo Díaz de Mera, kann oder will den Spitzenhandball nicht mehr allein unterhalten. Und Großsponsoren sind in der landesweiten Wirtschaftskrise rar geworden.

Nachhaltig retten würde das Projekt nur, wenn Atléticos Fußballabteilung in die Bresche springt. Die Hoffnung, ein arabischer Investor könnte dem Traditionsverein auf die Beine helfen, hat sich bisher nicht erfüllt.

Sollten alle Bemühungen scheitern, wäre der HSV auch seinen Angstgegner los. An Ciudad Real scheiterten die Hamburger in der Champions League viermal hintereinander.