283 Tage nach seinem letzten Einsatz kehrt der Meistercoach der HSV-Handballer Martin Schwalb heute zurück, um die Saison zu retten.

Hamburg. Es ist schon eine merkwürdige Fügung des Schicksals, dass die HSV-Handballer für ihr heutiges Training nach Jahren einmal wieder in die Halle Ochsenzoll ausweichen müssen. Die heimische Volksbank-Arena ist aufgrund eines Handballferiencamps nicht verfügbar. Und so wird Martin Schwalb 283 Tage nach seinem letzten Einsatz als Trainer just an dem Ort sein Comeback geben, an dem er vor fast sechseinhalb Jahren seinen ersten Arbeitstag in Hamburg hatte.

Es ist eine Rückkehr wider Willen. Nach der Entlassung seines Nachfolgers Per Carlén zum Jahreswechsel hatte sich Schwalb, 48, lange gewunden, neben seinen Aufgaben als Präsident und Geschäftsführer auch wieder das sportliche Kommando zu übernehmen. Als der HSV am Sonnabend mit 30:36 in Flensburg von den Champions-League-Rängen stürzte, drängte auch Mehrheitsgesellschafter Andreas Rudolph darauf, Interimscoach Jens Häusler mit der Verantwortung für die Mannschaft nicht länger alleinzulassen.

"In der momentanen Lage ist es sekundär, wer auf der Bank sitzt", wird Schwalb in einer Pressemitteilung des deutschen Meisters zitiert. Es gehe nicht um seine Person, sondern um das Wohl des Vereins. Offiziell wird sich er die Trainingsarbeit bis Saisonende mit Häusler teilen.

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Schon in den vergangenen Wochen hatte sich Schwalb zunehmend in die Trainingsarbeit eingebracht. Am Sonntag wird er im Achtelfinalhinspiel der Champions League bei den Füchsen Berlin erstmals wieder den Chefcoach geben (16 Uhr/Eurosport). "Martin hat den Hut auf, alles andere wäre ja Unsinn", sagt Häusler, "keiner kennt die Mannschaft besser als er. Und von einem, mit dem man deutscher Meister geworden ist, lässt man sich doch mehr sagen als vom ehemaligen Co-Trainer."

Er selbst gedenke ohnehin, in drei Monaten wieder ins Glied zurückzutreten. Das hatte Häusler, 44, schon betont, als er vor zwei Monaten zum Chefcoach befördert wurde. Den Hilferuf, den er damals absetzte, hat die Vereinsführung lange überhört. Statt Häusler einen Assistenten zur Seite zu stellen, nahm Schwalb die Mannschaft in die Pflicht. Dieses Vertrauen konnte sie nicht rechtfertigen. Nun ist es fast zu spät, um die Saison zu retten. "Wir haben fünf nach zwölf", sagt Häusler.

Seine sportlichen Vorhaben konnte er in der Kürze der Zeit und der Kraftlosigkeit des Personals nicht umsetzen. Auch wenn nicht alles und jeder schlecht war beim HSV: Das Angriffsspiel des deutschen Meisters ist nicht nennenswert schneller geworden, und die Abwehr hat sich offenkundig auch nicht stabilisiert, wie Häusler selbst einräumt: "Dass wir in Flensburg in den Schlussminuten so auseinandergebrochen sind, hat mich schon überrascht."

Fünf Trainingstage bleiben bis zum Spiel beim Bundesligazweiten Berlin, um die schweren Systemfehler zu beheben. Schwalb und Häusler obliegt dabei die delikate Aufgabe, den verzagten Auftritt von Flensburg aufzuarbeiten, ohne dass das Selbstbewusstsein weiteren Schaden nimmt. Häusler sagt: "Der Blick geht nicht zurück, alles Negative muss ausgeschaltet werden."

Mit Schwalb soll auch der Optimismus wieder in die Mannschaft zurückkehren. "Wir bündeln alle Kräfte, die wir haben", sagt Häusler, "jetzt passiert endlich, was wir alle gebraucht haben." Er selbst wohl am meisten.

Die Füchse Berlin müssen im Hinspiel gegen den HSV ohne Rückraummann Sven-Sören Christophersen auskommen. Der Nationalspieler wurde infolge seiner Disqualifikation in der Schlussminute des letzten Gruppenspiels gegen Bjerringbro-Silkeborg vom Europaverband EHF für die Partie am Sonntag gesperrt. Die Berliner kündigten Einspruch an.