HSV-Handballer bezwingen Füchse Berlin nach großem Kampf mit 24:23 (12:14)

Hamburg. Es dauerte einige Augenblicke, bis sich die Freude im Gesicht Jens Häuslers durchsetzte. Angespannt, fast wütend klatschte er sich mit einigen HSV-Handballern ab. Erst als der neue Trainer Hans Lindberg in den Arm nahm, schien der 24:23-(12:14-)Sieg über die Füchse Berlin bei ihm angekommen zu sein. Die Spieler des deutschen Meisters zügelten ihre Emotionen weniger. Im ersten Spiel nach der EM-Pause und der Entlassung von Trainer Per Carlén war ihnen im Kampf um die Champions-League-Plätze ein großer Wurf gelungen.

"Das war anstrengend und aufreibend", beschrieb Häusler später sein Debüt, "aber wichtig war letztlich nur, dass wir den Abstand auf Berlin verkürzen konnten. Jetzt können wir etwas entspannter in die Zukunft sehen."

Als Häusler die Arena betrat, wurde er mit lautem Applaus und Tröten begrüßt. Wenig später wogte die Begeisterung ein zweites Mal hoch, als es galt, Hans Lindberg für den EM-Titel zu ehren. Zur allgemeinen Überraschung nahm der Däne jedoch auf der Bank Platz. Häusler bot auf Rechtsaußen stattdessen Stefan Schröder auf, der unter Vorgänger Per Carlén fast in Vergessenheit geraten war. Auch dass Michael Kraus als Spielmacher beginnen durfte und nicht Domagoj Duvnjak, dürfte eine sichtbare Folge des Trainerwechsels gewesen sein.

Kraus' Auftrag lautete, mit seinen schnellen Beinen die Berliner Abwehr durchzuwirbeln. Doch Kraus konnte ihn offensichtlich nicht erfüllen, und als er es erzwingen wollte, ging es schief. Erst scheiterte er am formidabel haltenden Silvio Heinevetter, und als er wenig später noch den Ball verlor, brach Häusler das Experiment ab (22. Minute). Engagiert, aber nie hektisch patrouillierte der neue Trainer vor der HSV-Bank auf und ab. Oft sah man ihn mit seinen Spielern reden. Oscar Carlén, den verletzten Sohn seines Vorgängers, hatte er zur Unterstützung auf die Bank bestellt. Der Platz war frei, weil Linksaußen Torsten Jansen aufgrund einer Fersenprellung abgesagt hatte. Präsident Martin Schwalb, Häuslers Vorvorgänger, hielt sich wie versprochen im Hintergrund. Von der anderen Spielfeldseite durchlitt er die Partie an der Seite von Hauptgesellschafter Andreas Rudolph und brüllte den Schiedsrichtern wichtige Hinweise ("Zeit!", "Zweimal!") zu.

Der Spielverlauf konnte seine Nervosität nicht lindern. Häuslers Angriffskonzept ging zunächst nicht auf. Und auch die offensive Abwehr hatte ihre liebe Mühe mit den Füchsen, obschon ihr halbrechter Topmann Alexander Petersson aufgrund einer Schulterverletzung fehlte und auch Spielmacher Bartlomiej Jaszka angeschlagen ins Spiel gegangen war. Doch namentlich Nationalspieler Sven-Sören Christophersen und Linksaußen Ivan Nincevic hatten rasch die Hamburger Schwachstellen ausgekundschaftet. Nach sechs Minuten stand es 1:4, nach 14 gar 3:7 aus HSV-Sicht. Hätten die Berliner nicht etliche Gegenstoßchancen schon im Ansatz hergeschenkt, hätte es noch schlimmer kommen können. Der HSV wiederum hatte kaum Gelegenheit, selbst Tempo ins Spiel zu bringen. Und wenn sie sich doch einmal bot, stand am Ende doch meist Heinevetter im Weg, am spektakulärsten, als er mit der Halbzeitsirene einen Wurf Schröders aus ungefähr 17 Zentimeter Entfernung abwehrte.

Heinevetter und Christophersen schienen die misslungene Europameisterschaft mit nur einem Spiel in Vergessenheit bringen zu wollen. Doch zum Glück hatten sich auch die Zuschauer nicht die Lust am Handball nehmen lassen. Mit einiger Verzögerung kam ihr Weckruf auch bei den Hamburger Spielern an. Möglicherweise haben auch Häuslers Wechsel die Wende zum Besseren gebracht. Zur Halbzeit hatte er Guillaume Gille in die Abwehr gestellt, Torwart Johannes Bitter gegen Dan Beutler getauscht, Schröder gegen Lindberg und Blazenko Lacovic gegen Pascal Hens, der das Handballspielen in Serbien offenbar doch nicht gänzlich verlernt hat.

Als Hens sich in der 50. Minute zur 22:20-Führung durchwühlte, schien das Spiel ein glückliches Ende zu nehmen. Doch in Überzahl kamen die Füchse noch zum 23:23-Ausgleich. Es bedurfte schon einer außergewöhnlichen Parade Beutlers gegen Jaszka und eines nicht minder spektakulären Tors von Kreisläufer Igor Vori, um am Ende den Fehlstart zu verhindern.

Tore, Hamburg: Lijewski 6, Duvnjak 4, Lindberg 4 (3 Siebenmeter), Lackovic 2, Hens 2, B. Gille 2, Flohr 2, Vori 2; Berlin: Christophersen 6, Nincevic 6 (1), Bult 3, Jaszka 3, Pewnow 2, Romero 1, Richwien 1, Sellin 1. Zuschauer: 11 429. Zeitstrafen: 4, 2.