Hamburg. Die Hamburger schnupperten an der Sensation, mussten sich aber am Ende geschlagen geben. Doch das ist kein Grund zur Trauer.

Sein versteinerter Gesichtsausdruck noch Minuten nach der Schlusssirene verriet seine Enttäuschung, als Pedro Calles aber später die Ursachen der 67:73 (20:18, 17:19, 18:14, 12:22)-Heimniederlage gegen Bundesliga-Tabellenführer Riesen Ludwigsburg erklären sollte, zollte der Basketballtrainer der Hamburg Towers seiner Mannschaft erst einmal Anerkennung: „Ich muss meine Spieler für ihren physischen Einsatz und ihren Charakter, den sie heute über vierzig Minuten gezeigt haben, loben. Das macht mir Mut für die nächsten Spiele. Wir haben in der ersten Halbzeit nur 37 Punkte zugelassen, Ludwigsburg zu insgesamt 19 Ballverlusten gezwungen. Unser Matchplan ist in dieser Hinsicht, was die Defensive betrifft, voll aufgegangen.“

Towers verwerfen Sieg von der Freiwurflinie

Den Blick auf die Statistik hatte der Spanier dennoch nicht verloren, und da standen im Kleingedruckten sieben von 13 verworfenen Freiwürfen. „Die haben den Unterschied ausgemacht.“ Die Schwaben trafen von der Linie nämlich alle ihre 14 Versuche.

Am Mittwoch (19 Uhr, MagentaSport) wartet in Ulm die nächste Herausforderung auf die Towers. Weil der Verein seine edel.optics.de Arena erneut für Prüfungen an die Technische Universität Harburg vermietet hat, startet das Team schon am heutigen Vormittag mit dem Bus in den Süden. Das Spiel am kommenden Sonntag bei Aufsteiger Niners Chemnitz wird hingegen verlegt, weil ein Betreuer der Sachsen positiv auf Sars-CoV-2 getestet wurde. Die Mannschaft wurde vom Gesundheitsamt bis zum nächsten Sonnabend in Quarantäne geschickt, obwohl bei allen Spielern die erneuten Abstriche ohne Befund blieben.

Daran müssen die Towers dringend arbeiten

Bis auf ihre Langzeitverletzten Johannes Richter und Hendrik Drescher konnten die Hamburger gegen die Riesen in Bestbesetzung antreten, Kapitän Bryce Taylor (acht Punkte) und Terry Allen (elf) meldeten sich nach muskulären Problemen fit, bestätigten die Genesung mit ansprechenden Leistungen. Calles sah wohl auch deshalb von einer Nachverpflichtung ab, ließ damit die vorletzte Option verstreichen. Die Frist dafür endete am Sonntag um 24 Uhr; die letzte, um sich in dieser Saison noch mal zu verstärken, läuft am 31. März ab.

Der US-Amerikaner Patrick Spencer (24), der seit Donnerstag am Mannschaftstraining teilnimmt, bleibt vorerst ein Übungspartner. „Wenn wir noch mal handeln müssten, wären wir dazu in der Lage. Wir beobachten weiter den Markt“, sagte Towers-Sportchef Marvin Willoughby.

Zwei Schwächen, die sich durch die Saison ziehen, brachten die Hamburger gegen die derzeit formstärkste Mannschaft der Liga um einen lange Zeit möglichen Erfolg. Mit einer Trefferquote von 46,2 Prozent (sechs von 13) von der Freiwurflinie (Ludwigsburg: 100 Prozent) sind enge Spiele kaum zu gewinnen, in dieser Disziplin sind die Towers nach 18 Spieltagen mit 72,6 Prozent das zweitschlechteste Team der Liga. Dazu kommt die fehlende Durchsetzungskraft bei den Korbabprallern, den Rebounds. Die finale Bilanz von 30:47 bedeutet, dass sich Ludwigsburg 17 zusätzliche Angriffsmöglichkeiten erarbeitete.

Hamburg Towers halten Duell lange offen

Dennoch brachte das Spiel, dem Ludwigsburgs Trainer John Patrick „Play-off-Intensität“ bescheinigte, auch positive Erkenntnisse. Die Defensive, auf die Calles besonderen Wert legt, sie mit Gesten und körperlichen Verrenkungen lautstark von der Seitenlinie unterstützte, kompensierte einen Teil der bekannten Defizite. Mit Leidenschaft, Laufbereitschaft wurden den Ludwigsburgern wiederholt Bälle abgejagt und ihnen präzise Würfe erschwert.

„Die Defense der Towers ist eine der besten der Liga“, sagte Patrick. Und als Bryce Taylor zwei und Neu-Nationalspieler Justus Hollatz einen Distanzwurf zur 37:31-Führung verwandelten, schien mehr möglich als der vom Hallensprecher Andreas Lindemeier beschworene Kampf auf Augenhöhe. In den letzten 62 Sekunden des zweiten Viertels trafen aber nur noch die Ludwigsburger zum 37:37-Halbzeitstand.

Die Towers ließen sich auch nach dem Seitenwechsel zunächst nicht von kleinen Rückschlägen aus dem Konzept bringen, verteidigten weiter kompromisslos. T.J. Shorts, in 37:44 Minuten Spielzeit mit 19 Punkten Topscorer seines Teams, stellte in der 27. Minute mit einem verwandelten Freiwurf zum 52:46 erneut eine Sechspunkteführung her, die von den Towers-Mitarbeitern auf der Tribüne mit spitzen Schreien und lautem Klatschen bejubelt wurde – wie der Zwischenstand von 55:51 vor den letzten zehn Minuten.

Doch in denen war die Energie der Hamburger irgendwann aufgebraucht. Als Jordan Hulls Ludwigsburg in der 35. Minute zum 63:59 in Führung warf, fehlten Kraft und Konzentration zu einer letzten Reaktion.